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Montag, 17.11.2008
Der Obama-Effekt bei den Grünen
„Ich möchte eine Gesellschaft, in der alle mitgenommen werden, egal welche Herkunft sie haben“ - Die Grünen schreiben Parteigeschichte mit ihrem neuen Vorsitzenden Cem Özdemir
Die Grünen schreiben Parteigeschichte: Mit Cem Özdemir haben sie als erste Partei in Deutschland einen Vorsitzenden türkischer Herkunft. Der Bundesparteitag in Erfurt wählte den 42-jährigen Politiker mit 79,2 Prozent in die Doppelspitze mit Claudia Roth vom linken Parteiflügel. Roth erhielt 82,7 Prozent und damit ein deutlich besseres Ergebnis als vor zwei Jahren (66,5 Prozent).
Özdemir kündigte ein verstärktes Engagement für sozial Schwache an. "Es gibt keine hoffnungslosen Fälle oder hoffnungslose Menschen in der Gesellschaft", sagte er. "Ich möchte eine Gesellschaft, in der alle mitgenommen werden, egal welche Herkunft sie haben, ob ihre Vorfahren aus Kasachstan, aus Anatolien kommen oder ob sie schon gegen die Römer im Teutoburger Wald gekämpft haben."
Der großen Koalition sagte Özdemir den Kampf an: "Wir müssen die Regierung stärker in die Manndeckung, von mir aus auch in die Fraudeckung nehmen." Auch Linke und FDP griff Özdemir scharf an.
Nach seiner Wahl sagte Özdemir vor Journalisten, darunter zahlreichen von türkischen Medien: "Ich freue mich über das tolle Ergebnis, das so nicht vorherzusehen war." Er spüre Rückenwind. "Ich glaube, ich bin so türkisch wie ich deutsch bin", sagte der erste deutsche Parteichef aus einer Zuwandererfamilie.
Die Partei warnte davor, Finanz-, Klima- und Sozialkrisen unabhängig voneinander zu bekämpfen. US-Präsident Franklin D. Roosevelt hatte in den 30er Jahren mit seinem "New Deal" der Weltwirtschaftskrise Reformen auf breiter Ebene entgegengesetzt. Vom künftigen US-Präsidenten Barack Obama wird jetzt Ähnliches erwartet.
Ferner machte der Parteitag abermals die Menschenrechte zum Thema. Die Bundesregierung wurde aufgefordert, Inhaftierte des US-Gefangenenlagers Guantánamo auf Kuba in Deutschland aufzunehmen. Das Lager sei ein Skandal und müsse geschlossen werden.
„Ich habe mich schon fast geärgert, weil die Kontroverse raus ist“, sagt der Alt-Linke Christian Ströbele in Bezug auf jüngste Kompromissvorschläge Özdemirs bei strittigen Themen. Stellvertretend für viele Linke wartet er bei Özdemir noch skeptisch ab, wie er sich bei den Themen Bundeswehreinsatz in Afghanistan und Hartz IV positioniert.