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Montag, 20.10.2008

Frankfurter Buchmesse war wieder ein Kulturfest

Optimismus zum Start der Messe war berechtigt - Faszinierend farbig“ - 150 Verlage und etwa 250 türkische Schriftsteller vertraten das diesjährige Gastland Türkei

Frankfurt - Die größte Buchmesse der Welt ist wieder vorbei: es trafen sich in Frankfurt das „Who is Who“ der Literaturlandschaft zur Leistungsschau. Unter dem Motto „Faszinierend farbig“ waren etwa 250 türkische Schriftsteller und 150 Verlage vertreten, die das diesjährige Gastland repräsentieren. Bei der Eröffnungspressekonferenz lobte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), die Türkei habe sich „auf den Weg gemacht zu einer pluralistischen und demokratischen Gesellschaft.“ Dies werde auch in der modernen türkischen Literatur deutlich. Einen „Mentalitätswechsel“ forderte er bei der Meinungsfreiheit in der Türkei. „Da mag die Türkei noch ein Stück des Weges vor sich haben.“

Gül bewertet durchgeführte Reformen positiv - deutliche Kritik von Pamuk

Der türkische Staatspräsident Abdullah Gül bei der derselben Feier vor einer Woche : Die Türkei habe in den letzten Jahren wichtige wirtschaftlichen und politischen Reformen durchgeführt und die "Kriterien der Europäischen Union auf den Gebieten der Meinungs- und Redefreiheit sowie der Achtung der kulturellen Vielfalt in großem Maße verwirklicht". Gül räumte ein, dass die Anstrengungen zum Schutz des geistigen Eigentums noch verbessert werden müssten.

Der türkische Staatspräsident dankte der Buchmesse, dass sein Land als Ehrengast eingeladen wurde. Er sieht darin eine "wichtige Stufe der traditionellen deutsch-türkischen Freundschaft". Die Werke der in Deutschland geborenen türkischen Schriftsteller und Künstler wiederum seien "eine Botschaft hinsichtlich des Dialogs zwischen den Kulturen", sagte Gül.

Deutliche Worte zur Einschränkung der Meinungsfreiheit fand Orhan Pamuk. In seiner literarischen Eröffnungsrede sagte der Literaturnobelpreisträger: "Der Hang des türkischen Staates, Bücher zu verbieten und Schriftsteller zu bestrafen, hält leider immer noch an." Immer noch würden nicht nur er mit dem Paragrafen 301 des türkischen Strafrechts, "mit dem man Schriftsteller wie mich einzuschüchtern versucht", konfrontiert werden, sondern Hunderte von Schriftstellern und Journalisten würden gerichtlich belangt und verurteilt. Noch vor drei Jahren war Pamuk selbst wegen "Herabsetzung des Türkentums" - dies beinhaltet der Paragraph 301 - vor Gericht gestanden; der Prozess wurde vor zwei Jahren eingestellt. Mit ebenso scharfen Worten kritisierte Pamuk, dass der Zugang zum Internet-
Portal YouTube und Hunderten anderen in- und ausländischen Websites den Menschen in der Türkei "aus politischen Gründen" verwehrt werde.

Ehrengast Türkei

Der Ehrengast Türkei zeigt mit Autoren wie Orhan Pamuk, Mario Levi, Zülfü Livanelli, Perihan Magden und Feridun Zaimoglu ein äußerst facettenreiches literarisches Gesicht, insgesamt kamen zur Messe rund 250 Autoren. Die deutsche Verlagsszene reagiert mehr als positiv auf den Ehrengast – bislang liegt eine Liste von über 350 Neuerscheinungen vor, davon rund 80 belletristische Titel, die zur Frankfurter Buchmesse publiziert werden.

Die Türkei präsentiert sich unter dem Motto „Faszinierend farbig“ als modernes Land mit Tradition – und das nicht nur im Forum mit einer Ausstellung zum Thema der Schriftkultur und Literatur unter dem Motto „Wiedergewonnenes Palimpsest“, sondern auch im Rahmen von insgesamt 265 Veranstaltungen auf der Messe und um sie herum.

In die Stadt lockt der Ehrengast etwa mit dem Projekt „Made in Turkey“, der ersten Überblicks-Ausstellung in Deutschland zur zeitgenössischen Kunst der Türkei, die an zehn unterschiedlichen Ausstellungsorten in Frankfurt stattfindet.

In der Türkei gibt es heute mehr als 1.700 Verlage und rund 6.000 Buchhandlungen. In dem Land sind östliche und westliche Kultur verankert. In vorislamischer Zeit prägten Geschichten der Nomaden die Anfänge türkischer Literatur. Im Osmanischen Reich stand sie stark unter persischen und arabischen Einflüssen.

Mit dem Erstarken des türkischen Nationalismus und der Gründung der türkischen Republik galt die Devise "hin zum Volk". Im Gegensatz zum höfischen Leben rückten der anatolische Bauer und das Leben der kleinen Leute in Stadt und Land ins Zentrum des Interesses.

60. Frankfurter Buchmesse

Die 60. Frankfurter Buchmesse war wieder ein Kulturfest. Neben den Messethemen Politik, Bildung und Digitalisierung sind es vor allem die Vielfalt der Kulturen und die Faszination von Literatur, die Frankfurt ausmachen. Während in den ersten drei Tagen der Messe die Geschäfte und Deals im Vordergrund stehen, öffnete sich die Messe am Wochenende traditionsgemäß dem Publikum. Insgesamt rechnen die Organisatoren mit knapp 300 000 Besuchern.
Rund 700 Künstler begleiteten den Ehrengast-Auftritt in Frankfurt bei Lesungen, Konzerten und Ausstellungen. Es werden allein etwa 300 Autoren - darunter auch viele Schriftstellerinnen