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Montag, 20.10.2008

Tariq Ramadan verlieh Scholl-Latour den "Dr. Said Ramadan Friedenspreis für Dialog und Völkerverständigung"

Vorletztes Wochenende fand zum 30.mal die Jahreskonferenz der IGD im Berliner Tempodrom und im Sportpark Leverkusen statt. Es waren Festivals mit bekannten Persönlichkeiten aus Kultur und Religion. Der Präsident der IGD Ibrahim El-Zayat begrüßte und beglückwünschte das Publikum und erinnerte an die vielen Persönlichkeiten dieser Gemeinschaft, die die heutige islamische Infrastruktur in Deutschland maßgeblich miterrichtet haben. Nahezu an allen heute vorhandenen muslimischen Strukturen in Deutschland hat die IGD mittelbar mitgewirkt. Er forderte die Muslime auf sich positiv in die Gesellschaft einzubringen und insbesondere die Medien und Politik der steigenden Islamophobie entgegenzuwirken. Er bedankte sich bei den Kölnerinnen und Kölnern die mit ihren Protesten gegen den Antiislamisierungskongress ein deutliches Zeichen für Vielfalt und Pluralität gesetzt haben.

Am Podium in Berlin beteiligten sich Prof. Peter Scholl-Latour, Präsident der Deutsch-Arabischen Gesellschaft, Aiman Mazyek, Generalsekretär des Zentralrates der Muslime in Deutschland (siehe unterer Link: Grußrede) und Oguz Ücuncu Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Milli Görus.

Prof. Tariq Ramadan von der Universität in Oxford verlieh gemeinsam mit El-Zayat dem bekannten Publizisten Prof. Peter Scholl-Latour anlässlich des 50-jährigen Bestehens der IGD im Berliner Tempodrom den "Dr. Said Ramadan Friedenspreis für Dialog und Völkerverständigung" für sein Lebenswerk. Der Preis erinnert an den ersten Präsidenten der IGD.

El-Zayat betonte in seiner Rede weiter, dass alle wichtigen muslimischen Verbände ein klares Verhältnis zur Gewalt hätten. Auch Aiman Mazyek machte deutlich, dass Muslime in Deutschland angekommen sind und längst ein bereichernder Teil der Gesellschaft geworden sind. Mazyek und der Islamwissenschaftler Tariq Ramadan verlangten Reformen auch in den eigenen Reihen. Die europäischen Muslime müssten ihre Herangehensweise in vielen Dingen verändern. Der Islam, so Ramadan, sei auch eine deutsche Religion: "Wir deutsche muslimische Bürger sind hier und dürfen nicht unsichtbar sein." Mazyek wünschte sich, dass der islamische Religionsunterricht, wie von der Islamischen Föderation in Berlin gerichtlich erstritten, auch in anderen Bundesländern ausgebaut werden könne.

Die Vizepräsidentin der IGD Houaida Taraji bemängelte die Abwesenheit der geladenen Politprominenz. Dr.Murad Hoffmann, Islamischer Denker und Autor, verlangte von den Muslimen sich einzubringen und nicht darauf zu warten, eingebracht zu werden. Dr.Klaus Lefringhausen, Leiter des Annemarie Schimmel Forums, wünschte sich eine intelligente Plattform für den interreligiösen Dialog. Es kann nicht angehen, dass die Sicherheitspolitik und die Terrorhysterie die Themen für den Dialog bestimmen.

Beide Seiten müssen aufeinander zugehen und für mehr Akzeptanz werben. Juristische Erfolge können nicht darüber wegtäuschen, dass diese Akzeptanz in der Gesellschaft noch fehle. Harald Bock, Generalsekretär der Deutsch-Arabischen Gesellschaft beglückwünschte die Muslime für ihr Engagement der letzten Jahre. Vieles sei erreicht worden und darauf dürfe man stolz sein. Der Generalsekretär der Milli-Görus Oguz Ucüncu wollte dennoch einige Missstände beim Namen nennen. Es kann nicht angehen, dass die Bundesärztekammer die Beschneidung muslimsicher Jungen verurteile und die Kindswohl-Debatte auf den Rücken der SchülerInnen ausgetragen werde.

Der Generalsekretär des Wassatiya Instituts und Professor für Islamische Theologie Essam Al-Bashir war ein weiterer Hauptredner dieses Events. Wassatiya heißt ein Islam der Mitte, weit weg von Extremismus und Fanatismus.
Der Islam im Sinne der Wassatiya fordert die Menschen auf, sich gegenseitig kennen zulernen. Er ruft zur Sicherung des Weltfriedens und einer gemeinsamen Koexistenz zu Dialog, Kommunikation und Kooperation zwischen den Völkern und Nationen auf. Der Islam achtet die Menschenrechte und fordert zur Gleichheit der Menschen auf. Er lehnt jede Form des Rassismus ab. Das Recht auf Freiheit ist ein hohes Gut. Darüber hinaus lehnt der Islam Glaubenszwang ab. Die freie Wahl des Glaubens ist garantiert. Der Islam bietet ein ausgewogenes Konzept von Freiheit geleitet durch ethische Werte und legalen Grenzen wie z.B. keine Gewalt gegen sich oder andere auszuüben. Ebenso ging Prof. Al-Bashir auf die wichtige Rolle der Frau im Islam ein. Der erste Muslim war Khadischa-ra, der erste Märtyrer war Soumaya-ra, die Überlieferung der meisten Hadithe war Aischa- die Frau des Propheten und den Sahih Al-Buchari und Muslim, eines der wichtigsten Bücher nach dem Koran, würde es heute gar nicht geben, wenn ihn mutige Frauen nicht aufbewahrt hätten.

Ebrahim Rasool, Premierminister der Provinz Westkap a.D. ermutigte das Publikum sich am islamischen und politischen Gemeindeleben zu beteiligen. Muslime können und sollen einen positiven Part in einer überwiegend nichtmuslimischen Gesellschaft spielen. Er beschrieb die südafrikanische Erfahrung mit der gemeinsamen Überwindung der Apartheid als positives Beispiel für die Muslime in Minderheitensituationen. Sie müssen die Probleme der Gesellschaft als eigene Probleme empfinden und Lösungen suchen.

Prof. Islam Al-Attar erinnerte das Publikum über die Notwendigkeit der sozialen Gerechtigkeit, die alle Lebensbereiche umfasse. Man dürfe nicht zufrieden einschlafen, während die Nachbarskinder hungerten oder die Obdachlosen frieren. Islam ist eine humanitäre Religion. Soziale Engpässe zu beseitigen sei genauso wichtig wie die gottesdienstlichen Handlungen.

Amr Khaled, der vorgesehene Star des Abends konnte leider nur über Video-Botschaft dem enttäuschten Publikum sein Fehlen erklären. Es seien familiäre Gründe, auf die er kein Einfluss habe. Er sei immer gerne nach Deutschland gekommen und schätze das Publikum hier sehr.

Nach dem Maghreb-Gebet ging es dann gemütlich zu. Zu den Klängen der Yarmuk-Gruppe steppten Männer und Kinder. Ammar 114 räppte u.a. aus seinem neuen Album: `Aus dem Schatten ans Licht. `

Der musikalische Höhepunkt des Abends war Musa Mustafa. Er animierte das Publikum zum Mitsingen und bat alle Kinder auf die Bühne.

Mit einer Umra-Verlosung und einem Abschluss-Bittgebet endete dieses ereignisreiche Wochenende. Quelle und Text: igd.de




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    -Grußwort des Generalsekrteärs des Zentralrates der Muslime in Deutschland zum 50. Geburtstag der Islamischen Gemeinde in Deutschland (IGD)
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