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Freitag, 29.08.2008

Die Vernunft hat gesiegt - Kommentar von Peter Philipp

Stadtrat stimmt Moscheebau in Köln zu – Warum wollen fanatische Anstachler und Demagogen die Islamfeindlichkeit?

Die Vernunft hat gesiegt: Der Kölner Stadtrat stimmte dem Bau einer Moschee zu, über den es in den zurückliegenden Monaten zu heftigen Diskussionen und erbittertem Streit gekommen war. Nun könnte das Thema endlich von der Tagesordnung verschwinden und könnte man zur Tagesordnung übergehen. Und würde dabei feststellen, dass der so oft beschworene Untergang des „christlichen Abendlandes“ durch den Bau dieses Gotteshauses keineswegs beschleunigt oder gefördert wird.

Solche Ruhe nach dem Sturm der letzten Monate wäre aber vielleicht zu schön um wahr zu sein. Denn rechte Gruppen – unterstützt durch Gesinnungsgenossen aus den Niederlanden, Belgien, Frankreich und auch noch Österreich – planen in ein paar Wochen eine Großveranstaltung in Köln gegen den Moscheebau, den sie als Ausdruck einer vermeintlich schleichenden Islamisierung Europas darstellen. In ihrem demagogischen Eifer werden diese Gruppen das Thema am Leben zu erhalten versuchen.

Und unbedarfte Bürger werden sich von ihren Argumenten weiter einschüchtern lassen. Dazu bedarf es nicht des ketzerischen Flugblattes der Rechten, auf dem die Türme des Kölner Doms nur klein hinter einer großen Moschee hervorragen. Auch in den Nachrichten des Deutschen Fernsehens wurden Moschee und Dom in gleich großen Bildern nebeneinander gezeigt und von der Nähe der Moschee zum Dom gesprochen. Unnötig zu betonen, dass beides nicht stimmt: Die geplante Moschee ist Kilometer vom Dom entfernt, wird noch nicht einmal ein Drittel seiner Höhe erreichen und hinter umliegenden Bürohäusern versteckt bleiben.

Was also bewegt Demagogen wie verängstige Bürger? Die erste Gruppe hat nun offenbar ein lohnendes Opfer für Fremdenhass gefunden. Nein, man ist nicht gegen Ausländer, auch nicht dagegen, dass die an etwas anderes glauben. Aber sie sollen es doch – bitte schön – nicht in der Öffentlichkeit tun. Sollen sich weiter in Kellern, Schuppen und ausgedienten Fabrikhallen verstecken, wo man sie dann obendrein auch noch konspirativer Ambitionen verdächtigen kann, eine „Parallelgesellschaft“ zu kultivieren. Und die einfachen Bürger lassen sich in ihrer Ignoranz einschüchtern: Da haben sie jahrzehntelang keine Kontakte zu den „ausländischen Mitbürgern“ geknüpft – oder wie immer man die ehemaligen „Gastarbeiter“ bezeichnet – und mit einem Mal wollen die scheinbar Anteil haben am Alltag. An der Gesellschaft, am Stadtbild.

Ein Glück, dass eine breite Mehrheit in Deutschland längst anders denkt als solche Dumpfbacken und deren fanatische Anstachler. Ein Glück auch, dass die meisten Medien längst dazu übergegangen sind, den Plan von Moscheebauten – und Köln ist ja nicht das einzige Beispiel - zu unterstützen und als Verwirklichung des Rechts auf freie Religionsausübung zu erklären.
Solche Aufklärung tat und tut Not. Vielleicht wird sie auch das Misstrauen gegen ein Gemeindezentrum auf dem Gelände der Moschee abbauen. Läden, Kaffeehaus und andere Räumlichkeiten könnten ja auch als Ort der Begegnung dienen. Einer Begegnung, die bisher viel zu selten stattfindet – und ganz bestimmt nicht in versteckten Hinterhof-Gebetshäusern.

Wie gesagt: Köln ist kein Einzelfall. Auch in anderen deutschen Städten hat es Auseinandersetzungen über den Bau von Moscheen gegeben. Mit ähnlichen Argumenten. Und in den meisten Fällen haben die Behörden dem Bau zugestimmt. „Vernunft von oben“ – wäre mal was Neues…

Zum Autor: Der Nahost-Experte Peter Philipp ist Chefkorrespondent der Deutschen Welle




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