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Sonntag, 24.08.2008

Ausstellung: Albanische Muslime schützten Juden vor Nazis

Die Fotodokumentation von Norman Gershman, die erstmals in Jad Vaschem ausgestellt wurde, kann zurzeit im UN-Hauptquartier besichtigt werden

In einer Fotodokumentation belegt der jüdisch-amerikanische Fotograf Norman Gershman die Rettung von Juden durch die albanischen Muslime. Fünf Jahre lang habe der Fotograf Fotos von muslimischen Rettern in Albanien gesammelt, die während des Zweiten Weltkrieges viele Juden auf eigene Lebensgefahr gerettet haben.
Gershman habe während des Projekts „Besa: eine Regel der Ethik“ zunächst generell nach nicht-jüdischen Menschen gesucht, die während der Nazizeit die jüdischen Mitbürger vor dem Tod gerettet haben. Er sei sehr überrascht gewesen, als er erstmals erfahren habe, dass sich unter ihnen auch albanische Muslime befanden. Auf die Namen der albanischen Muslime sei er vor allem in der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte „Jad Vaschem“ gestoßen“.

Mit dem Projektnamen „Besa“ hat Gershman auch eine albanische Bezeichnung für sein Unterfangen gewählt. „Besa“, was soviel wie Ehre, Glaube und das Halten von Versprechen bedeute, sei ein über tausend Jahre altes albanisches Prinzip, dass jeden verpflichtet, all diejenigen zu beschützen, die Schutz bei ihm suchen.

„Ich schätze mich sehr glücklich, dass ich allen die Geschichte der muslimischen Helden erzählen konnte“, erklärte Gershman bei der Vorstellung des Projekts. Vor allem habe er bei seiner Informationssuche erfahren, dass die „Besa“ dank des Islams auch kulturell in Albanien verfestigt sei. Daher sei es für die Muslime in Albanien undenkbar gewesen, die jüdischen Mitbürger den Nazis zu überlassen. Er sei auf keinen Beleg gestoßen, der das Gegenteil bezeuge, sagte Gershman. Dies habe Letztendes auch dazu geführt, dass die Zahl der in Albanien lebenden Juden sich nach dem Krieg verzehnfacht hat. Albanien sei insoweit das einzige Land gewesen, das unter der Eroberung vob Nazis die Juden geschützt hat.


„Wir geben dem Freund die Besa, aber wir verkaufen sie nicht“

Auch aus den Akten zur Rettung der Juden in Albanien, die der Präsident des Staatsarchivs, Shaban Sinani, publiziert hat, geht hervor, dass praktisch alle Juden, die in Albanien die Zuflucht gesucht haben, gerettet wurden. Über die Rettung der Juden in Albanien schreibt die Journalistin Christine von Kohl: „Trotz aller Schrecken, die Befreiungs- und Bürgerkrieg für die albanische Bevölkerung bedeuteten, wurde kein Jude an die Deutschen ausgeliefert. Erst im letzten Moment, im Frühjahr 1944, unternahm die Gestapo in Tirana die ersten Schritte zur Registrierung der in Albanien lebenden Juden. Angesichts der großen Gefahr, die das Verstecken von deutschen Juden bedeutete, war der Schutz (durch die Besa), welcher ihnen geboten wurde, eine bemerkenswerte moralische Leistung. Darüber gibt es eine Reihe glaubwürdiger Zeugenaussagen“.

Einige dieser Zeugenaussagen gibt von Kohl wie folgt wieder: „Vom Mut und der Geistesgegenwart albanischer Gastgeber, bei denen Juden wohnten, zeugt unter anderem der Bericht von Mark Menahem, der bei einer Familie in Tirana im Versteck lebte. Als die Deutschen an die Tür klopften, steckte ihn die Hausfrau, deren Mann gerade nicht zu Hause war, in dessen Bett und stellte Mark als ihren kranken Mann vor. Josef Jakoel wiederum berichtet, dass sein Freund nach dem Krieg seinem albanischen Retter als Dank einen Geldbetrag zukommen lassen wollte und folgende Antwort erhielt: „Ich habe Dich als einen Freund behalten, ich habe Dir die Besa erwiesen, unseren traditionellen Schutz für einen Gast – wir geben dem Freund die Besa, aber wir verkaufen sie nicht“. Die Besa meint das unverbrüchliche Wort, den Schwur, die persönliche Treue, den zuverlässig gewährten Waffenstillstand. Das Halten der Besa ist unverzichtbare Voraussetzung der persönlichen Ehre eines Mannes, auch wenn er und seine Familie größte Gefahren und schwerste Opfer in Kauf nehmen müssen.“

Die Fotodokumentation von Norman Gershman, die erstmals in Jad Vaschem ausgestellt wurde, kann zurzeit im UN-Hauptquartier besichtigt werden. Von hier aus soll sie weltweit an verschiedenen Orten ausgestellt werden. Zudem werde an einem Fotobuch und einer Fernsehdokumentation gearbeitet.Quelle: www.igmg.de