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Mittwoch, 20.08.2008

Olympia: Rashid Ramzi – das Wunder ist vollbracht

Hinter der Linie kniet der Sieger auf die Bahn und dankt Allah

Auf der Gegengeraden fliegt der Bahrainer Rashid Ramzi vorbei, lässt die schlanken Beine wirbeln, pumpt mit den Armen. Und ward nicht mehr gesehen. Allein stürmt er dem Ziel entgegen, die Zähne fletschend und die Augen weit aufgerissen. Hinter der Linie kniet der Sieger auf die Bahn und dankt Allah.

Ramzi hat ein neues Wunder vollbracht. 2005 schaffte er an den Weltmeisterschaften in Helsinki als erster Läufer seit über 40 Jahren das Mittelstrecken-Double über 800 und 1500 m. Jetzt ist er also Olympiasieger, und er hat anscheinend noch mehr vor. Am Mittwoch startet er in den Vorläufen über 5000 m. Das Double 1500 und 5000 m gelang vor vier Jahren in Athen Hicham El-Guerrouj, Marokkos König der Läufer. Ramzi misst sich an den Allerbesten. Das ist ziemlich bemerkenswert, denn der Mann wurde vor 28 Jahren in Marokko geboren und galt dort als zu wenig talentiert. Deshalb zog er 2002 nach Bahrain und liess sich als Palastwächter unter Vertrag nehmen. Offensichtlich stand er bei dieser Tätigkeit nicht bloss herum. Innerhalb von zwei Jahren wurde aus dem Dutzendläufer ein Weltklasseathlet. Da staunt selbst der Fachmann.

Die Geschichte vom braven Wächter Ramzi gehört in die Sammlung von 1001 Nacht. Die Wahrheit ist, dass die Emirate Bahrain und Katar seit einigen Jahren systematisch Sportler einkaufen, weil sie gerne ihre Nationalhymnen an grossen Titelkämpfen hören. Ramzi gehörte beim Transfer zwar nicht zur ersten Garde, hatte aber einen guten Fürsprecher. Sein Trainer ist Khalid Boulami, der 2002 seinen Bruder Brahim vorübergehend zum Weltrekord über 3000 m Steeple dopte. Jetzt macht er also Ramzi fit – Allah weiss, mit welchen Mitteln. Bei Brahim Boulami war es EPO.
Erstaunen? Entsetzen!

Ramzi ist ein Mann, der seine Saison auf interessante Weise gestaltet. Vor den Titelkämpfen taucht er in der Regel nicht im Licht der Scheinwerfer auf. Diesen Sommer lief er über 1500 m in Valencia bescheidene 3:40, dann rannte er noch ein schwaches Rennen über zwei Meilen und holte sich in 13:10 die Teilnahmelimite für Peking über 5000 m. Einmal in China, legte er den Turbo ein. 3:32,89 im Vorlauf! Im Final gab es 3:32,94 – und das nach einem Jogging auf den ersten Runden. Die letzten 400 Meter bretterte Ramzi in 52 Sekunden. Selbst ein 800-m-Läufer der Weltklasse ist froh, wenn er das auf der zweiten Streckenhälfte schafft. Am besten ist, man schaltet künftig die Uhr aus. Dann wird aus dem Staunen nicht mehr pures Entsetzen. (Quelle: NZZ, 20.08.08)