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Mittwoch, 18.06.2008

„Der Dialog soll den Menschen auf der Straße erreichen“ - Interview mit den ZMD-Vorsitzenden Ayyub Axel Köhler nach der Mekka-Konferenz

Islamische Gelehrte und Wissenschaftler legten auf einer Internationalen Konferenz in Mekka, zu der der saudische König Abdullah bin Abdul Aziz al-Saud einlud, Prinzipien zur Dialogführung fest

Vor einigen Tagen fand in Mekka eine dreitägige internationale Konferenz „International Islamic Conference for Dialogue“(siehe unten: Schlusserklärung) statt. Rund 500 Gelehrte, Wissenschaftler und Experten aus mehr als 50 islamischen und einigen westlichen Ländern (u.a. auch Deutschland) leisteten der Einladung Folge. In der saudischen und auch arabischen Öffentlichkeit erfuhr die Veranstaltung große Aufmerksamkeit. Der König, Initiator der Konferenz, hatte im 2007 bei seinem Treffen mit Papst Benedikt XVI. die Idee zur Aufnahme eines Dialogs zwischen den Religionen geäußert. Er wolle nun, so der König wörtlich, „die Meinung seiner Muslim-Brüder aus aller Welt hören“.
Aus Deutschland war der Vorsitzende Ayyub Axel Köhler und der Beiratsvorsitzende Nadeem Elyas des Zentralrat der Muslime in Deutschland angereist. islam.de sprach mit Dr. Köhler im Anschluß der Veranstaltung.


islam.de. Sie kommen aus Mekka von der International Islamic Conference for Dialogue, wie war Ihr Eindruck der Veranstaltung?

Ayyub Axel Köhler: Mein Eindruck war, dass die Konferenz wie mit einem Böllerschuss den multireligiösen, internationalen Dialog der Muslime in aller Welt auf breitester Ebene ankündigen sollte. Es waren alle islamischen Rechtsschulen, also auch die Schiiten, vertreten. Die Konferenz wurde vom saudischen König Abdullah bin Abdul Aziz al-Saud zusammen mit dem ehemaligen iranischen Ministerpräsidenten, Ayatollah Ali Akbar Haschemi Rafsandschani in Mekka eröffnet. Die dreitägige Konferenz fand dann auch im Palast des Königs statt.

islam.de: Saudi Arabien war in der Vergangenheit in der Frage des Dialoges mit dem Christentum - um es noch vorsichtig auszudrücken - nicht gerade durch eine führende Rolle in der Welt in Erscheinung getreten. Es war oft die Domäne der Staaten wie Jordanien, Ägypten oder neuerdings auch bei internationalen Symposien in Katar, Doha oder Dubai. Was hat Saudi Arabien ihrer Meinung nach bewogen, eine solch prominente Konferenz zu organisieren?

Ayyub Axel Köhler: Weil es an der Zeit war.

islam.de. Ist der Besuch von König Abdullah bin Abdul Aziz al-Saud beim Papst vor einiger Zeit in diesem Lichte zu sehen?

Ich nehme an, ja. Der Besuch des Königs entspringt offensichtlich der gleichen Motivation zur Öffnung und eines groß angelegten Dialogs. Er hat sich damit sogleich persönlich eingebracht. Wir sollen aber auch die Rolle des Briefs der 138 Gelehrten dabei nicht unterschätzen.

islam.de. Es gibt einige Widerstände im eigenen Land diesen Weg zu bestreiten, wie bewerten Sie diese und in welcher Rolle sehen Sie den König dabei?

Ayyub Axel Köhler: Dazu kann ich nur im begrenzten Umfang etwas sagen. Ich glaube, dass der König den Dialog sehr mutig angepackt hat. Immerhin soll der Dialog ja mit möglichst allen geführt werden und dass ist nicht überall selbstverständlich. Ohne den König wäre aber dieser weltweite Vorstoß im Dialog der Muslime nicht möglich gewesen.

islam.de. Sehen Sie Chancen bei dieser Initiative den Dialog auf eine andere, neue Ebene zu heben, auch ohne die Geburtenfehler zu wiederholen, die wir hier z.B. in Europa - gleich ob Christen oder Muslime - gemacht haben?

Ayyub Axel Köhler: Mit dieser Initiative ist der Dialog auf die internationale Ebene und zwar die gesamte islamische Welt motivierend gehoben worden. Wir wollen aber nicht gar so euphorisch sein: Dieser internationale Dialog ist etwas Neues für die islamische Welt. Ich sehe nämlich eine gewisse Gefahr, wenn dieser Dialog in die Hände von Technokraten und Betonköpfen kommt. Der Dialog soll ja auch „den Menschen auf der Straße“ erreichen. Warten wir die nächsten Sitzungen ab und stellen dann diese Frage noch einmal.

islam.de: Nehmen die Muslime in Europa bei dieser Aufgabe aufgrund ihrer Erfahrung, Brückenfunktion nicht eine Schlüsselrolle ein?

Ayyub Axel Köhler: Ich glaube, dass die Praxis zeigen wird, dass man diesen Dialog ohne die Erfahrungen, die Beratung, die bestehenden medialen Mittel und Einrichtungen der Muslime aus Ländern, wie Europa oder den USA mit praktischen Dialogerfahrungen, nicht auskommen wird. Ich meine die Umsetzung der Ziele der Konferenz, die Übertragung von Inhalten und die praktische Durchführung des Dialogs. Ich habe auf der Konferenz und seiner Vorbereitung unsere Bereitschaft dazu geäußert und danach den Eindruck gewonnen, dass die Teilnehmer dies sehr begrüßten.

islam.de: Dr. Köhler, wir danken Ihnen für das Gespräch.



Lesen Sie dazu auch:

    -Schlusserklärung (in Englisch) der „International Islamic Conference for Dialogue“ in Mekka
        -> (http://islam.de/10387.php)

    -„Auch der Prophet Mohammed war mit einer Businessfrau verheiratet, die eine der größten Handelskarawanen besaß. Es gab keinen Unterschied. Wir sind seit der Ära des Propheten Mohammed rückwärts gegangen, und jetzt gehen wir wieder vorwärts.“ Worte des Saudischen Prinzen und Geschäftsmann Al-Waleed bin Talal in einem Interview
        -> (http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefault.aspx?TabID=3946&Alias=wzo&cob=353762)