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Donnerstag, 12.06.2008
„Mensch als Ware?!“ Wie gehen wir mit dem Sklavenhandel des 21. Jahrhundert um?
Zwischen aufgeregtem populistischen Geschnatter und wirksamen Programmen - Auch Zwangsehe und Ehrenmord Thema
In Berlin fand zum dritten Mal der „Liberal International Day“ statt. Ausrichter waren die Friedrich-Naumann-Stiftung und die Deutsche Gruppe der LIBERAL INTERNATINAL (DGLI). Das Thema in diesem Jahr lautete „Mensch als Ware?!“
Deutschland gilt als Einwanderungsland und Zielgebiet gerade auch für illegale Migration. Die Globalisierung sowie die Folgen des Zusammenbruchs der kommunistischen Herrschaft in Osteuropa sind einiger der Ursachen für Menschenhandel, Zwangsprostitution und Verletzung von Menschenrechten. Der Mensch läuft Gefahr, zur schlichten Ware degradiert zu werden, seine Würde und seine Freiheit sind stark gefährdet. Gleich zu Beginn sagte Mirco Dragowski, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses (FDP), „die Täter zeigen keinerlei Respekt für die Opfer.“
Da Menschenrechte auch die Grundlage für eine demokratische Gemeinschaft sind, käme es ständig auch zu Angriffen auf die Demokratie seitens der Täter, erklärte er ferner. Die 1967 in Rumänien geborene Journalistin Inge Bell, Mitautorin des Buches „Verkauft, versklavt, zum Sex gezwungen- das große Geschäft mit der Ware Frau“ wies nochmals auf ihren Beitrag im ARD „Weltspiegel“ hin. Inge Bell stellte 2000 fest, dass auch Soldaten der Bundeswehr mit minderjährigen Prostituierten im Kosovo Sex hatten. Bis heute schweige das Verteidigungsministerium dazu, nach dem Motto, „deutsche Soldaten gehen nicht ins Bordell. Sex mit Minderjährigen haben sie erst recht nicht.“
Bell sprach das strukturelle Problem in Osteuropa an, durch den wilden Kapitalismus seinen die meisten Opfer des Menschenhandels Osteuropäer. Obwohl Rumänien und Bulgarien seit 2007 der EU angehörten, seinen diese Staaten nur „Entwicklungsländer mit EU-Kosmetik.“
Die Journalistin bezeichnete diese Länder auch als perspektivlos. Es sei sehr leicht, gerade junge Mädchen aus diesen Regionen mit Jobs als Hotelangestellte oder Kellnerin nach Deutschland zu locken. Menschenhändler lieferten die oft ahnungslosen jungen Frauen an deutsche Bordelle ab und kassierten eine Vermittlungsgebühr.
Die Würde der Frau werde von den geldgierigen Mädchenhändlern und Bordellbetreibern verletzt. Bell forderte auch eine Bestrafung der Freier, wenn diese sich mit Sexsklavinnen einließen. Leider führe das Thema Menschenhandel in Deutschland nur ein Schattendasein. 2005 habe man 775 Opfer von Menschenhandel registriert. Da die Polizei unterfinanziert und personell schwach sei, widme man sich den großen Delikten wie Rauschgifthandel zuerst und vernachlässige den Menschenhandel.
Bell forderte auch dazu auf, Polizei und Staatsanwälte besonders zu schulen für das Thema Menschenhandel. Oft machten Zwangsprostituierte keine Aussagen, da in ihren Ländern die Polizei- und Justizbehörden als vielfach korrupt bekannt seinen. Die Mädchen aus Osteuropa vertreten oft die Auffassung, dass es hier ebenfalls so sei. Die Zuhälter würden den unfreiwillig im Bordell arbeitenden Frauen auch immer dieses Märchen erzählen.
Eine Trumpfkarte haben die Menschenhändler aber, gerade bei Mädchen aus Gebieten, die nicht zur EU gehören - die der Abschiebung. Sagt eine Zwangsprostituierte aus vor der Polizei, würde sie oft in ihr Heimatland dann abgeschoben. Heike Rudat, Leiterin eines Schwerpunktdezernates zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität im Berliner Landeskriminalamt, wies darauf hin, hier könne man noch die Frauen in ein Zeugenschutzprogramm nehmen. Aber die polizeiliche Hoheit ende an der Grenze. Die menschenverachtenden Verbrecher bedrohten dann die im Heimatland der Zwangsprostituierten lebenden Eltern und Geschwister. Oft reiche schon der sanfte Hinweis, man möge an die Verwandten denken, um eine Frau an einer Aussage zu hindern.
„Der Frau droht Abschiebung, die Täter, sowohl Menschenhändler als auch Freier, bleiben hier.“ Ein Umstand falle Bell bei Prozessen auch immer wieder auf. Die Menschenhändler werden durch gut bezahlte und renommierte Anwälte vertreten. Dem sprach Henny Engels bei. Sie als Geschäftsführerin des „Deutschen Frauenrates“ wisse nur zu genau, wie staatliche Beratungsstellen für Zwangsprostituierte um jeden Cent kämpfen müssen. Auch dürfe nicht vergessen werden, dass die oft traumatisierten Frauen fachärztliche Hilfe benötigten. Da die von Menschenhändlern hierher gebrachten Frauen nicht krankenversichert seien, würde nicht jeder Antrag auf ärztliche Betreuung durch deutsche Behörden bewilligt. Zum Vorgang der Bundeswehrsoldaten im Kosovo meinte Henny Engels „die Bundesrepublik Deutschland mache sich lächerlich.“ Einerseits will man die Menschenrechte hochhalten, aber Ermittlungen gegen Bundeswehrsoldaten werden behindert.
Über Zwangsehe wird viel geredet und fast gar nichts dagegen getan
Auch das Thema Zwangsverheiratung und sogenannte Ehrenmord wurde angesprochen. Die deutsche Schriftstellerin türkischer Abstammung Serap Cileli machte darauf aufmerksam, dass es Zwangsverheiratungen nicht nur in muslimischen Gesellschaften allein gäbe. Auch bei armenischen Christen habe man dies beobachtet. Cileli verwies außerdem darauf, dass bei dem Thema Zwangsverheiratung nicht nur Mädchen die betroffenen seien. So habe sie bisher 300 Mädchen und 25 Jungen betreut, die sich vertrauensvoll an sie gewandt hätten, da sie gegen ihren Willen mit einem Partner verheiratet werden sollten. Das jüngste Opfer sei gerade mal 11 Jahre alt gewesen. Ein trauriger Umstand sei es auch, dass viel über die Zwangsehe geredet werde, aber staatliche finanzielle Hilfe auf diesem Gebiet sehr selten sei. In ganz Deutschland gebe es nur 4 Kriseneinrichtungen . Im 17 Millionen Einwohner Bundesland Nordrhein-Westfalen nur eine einzige Einrichtung, in Bielefeld, fuhr Cileli fort.
Menschenrechte und Islam bildeten eine Einheit
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Königshaus sagte „Tötung ist nie eine Ehre“. Auch in der Türkei sei der Ehrenmord verboten. Peter Schütt, Buchautor und seit 1991 Muslim, sagte, „Ehre und Mord sind Widersprüche für sich.“
Der Islam habe bei seiner Einführung das Töten von neugeborenen Mädchen strengstens untersagt. Vor der islamischen Zeit war es der Normalfall, Mädchen gleich bei der Geburt lebendig zu begraben. Schütt betonte, Blutvergießen sei im Islam ein Sakrileg. Das gelte „sowohl für Selbstmordattentate als auch Sterbehilfe.“
Menschenrechte und Islam bildeten eine Einheit, erklärte Peter Schütt. „Alle Religionen werden vom Islam respektiert. Der Islam respektiert auch das Grundgesetz.“ Zu den Menschenrechten gehöre auch die freie Partnerwahl, der Koran billige dies sowohl den Männern und den Frauen zu. Auch die Religion zu wechseln gestatte der Koran. „Die Religionsfreiheit heißt ja auch, ich kann eine andere Religion mir suchen. Dies zählt für mich ebenfalls zu den Menschenrechten.“ Er sei doch ein lebendes Beispiel für den Wandel, teilte Peter Schütt mit . Er sei mit 19 Jahren katholisch gewesen, dann sei er Kommunist bis zu seinem 50 Lebensjahr gewesen. „Jetzt bin ich Muslim, es bleibt auch so,“ teilte er mit. (VTN)
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