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Donnerstag, 27.03.2008
„Nicht alle waren Mörder“ und die „Ariermacher“ - Wirklichkeit und Spielfilm in Fernsehen und Alltag– Volker Taher Neef
Der Schauspieler Michael Degen hat das Buch geschrieben. Es ist kein Fantasieroman, sondern gibt den Leidensweg Degens wieder. Er, der bekennende Jude, muss mit ansehen, wie sein Vater von Nazis ins KZ gesteckt wird und kurz darauf verstirbt. Mit seiner Mutter Anna Degen taucht er unter. Bis zum Kriegsende verstecken sie sich an vielen Orten und erfahren Hilfe aus unterschiedlichsten Motiven von wildfremden Menschen. Ohne deren Hilfe wären auch sie in eines der Vernichtungslager gekommen, wo man aus Menschenhaut Lampenschirme und aus Menschenknochen Seife hergestellt hat. Oder ein Mensch, der als Arzt einen Eid abgeleistet hat, Leben zu retten, hätte grausamste Experimente an ihnen durchgeführt .KZ -Ärzte wie Mengele experimentierten Menschen tausendfach zu Tode Die Faschisten warfen Familie Degen und anderen vor, keine Arier zu sein. Als Juden waren sie für das Naziregime rechtlose, vogelfreie Lebewesen.
Am Karfreitag war im NDR-Videotext auf Seite 142 zu lesen, der Hamburger Oberstaatsanwalt Rüdiger Bagger habe Ermittlungen gegen Alexander Weiß aufgenommen. Weiß, 22 Jahre alt und Jurastudent, ist Kreisvorsitzender von Hamburg-Nord der CDU-Nachwuchsorganisation Junge Union. So heißt es im Videotext, der JU- Kreisvorsitzende habe „eine Kommilitonin als Niggerschlampe beschimpft und Nichtarier als eine Schande für das Juristentum bezeichnet“.
Was für ein Gegensatz am christlichen Feiertag Karfreitag im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Da bemüht man sich im RBB durch einen Spielfilm auf das Verbrechen an nicht arischen „Volksgenossen“ aufmerksam zu machen und an die Zeit des Holocaust zu erinnern, der NDR dagegen berichtet von der Wirklichkeit. Kein alkoholisierter , unbekannter Kneipengänger hat in einer Kneipe irgendwo im Freistaat Sachsen oder in einer Bauernschaft in Mecklenburg-Vorpommern rum gepöbelt und geschrieen „Niggerschlampe“, „Nichtarier“, was natürlich auch strafrechtlich verfolgt werden müsste. Nein, hier hat ein angehender Nachwuchspolitiker aus der feinen Hansestadt Hamburg sich nicht gerade hanseatisch verhalten.
Was mag in solchen Köpfen vorgehen, die nach einem 6-Millionenfachen-Massenmord noch immer solche Zeiten herbeireden wollen? Hat eine große Volkspartei, wie die CDU, nicht schon lange mitbekommen, welches Gedankengut der Herr Kreisvorsitzende von Hamburg –Nord vertritt? Gerade die Hamburger CDU braucht sich doch ihrer Vergangenheit wirklich nicht zu schämen! Erik Blumenfeld (1915-1997), Sohn eines jüdischen Kaufmanns, gründete als ehemaliger KZ-Insasse die Hamburger CDU mit auf. Später war Erik Blumenfeld Ehrenvorsitzender der Hamburger CDU, der Bahnhofsvorplatz im Nobelstadtteil Blankenese trägt seinen Namen. Aus der CDU-Nachwuchsorganisation Junge Union kommt der Kreisvorsitzende Hamburg-Nord auf solch widerliche Gedankengänge und will Studenten wegen deren nicht Zugehörigkeit zur deutschen Rasse vom Jurastudium ausschalten. Was haben Elternhaus, Pädagogen, Parteifreunde, Universitätsprofessoren versäumt? Hat er als Hanseat in Hamburg nie etwas von dem Ehrenvorsitzenden seiner Partei gehört? Ist dem 22 Jahre alten Kreisvorsitzenden nicht bekannt, wer da Namensgeber in Blankenese war? Hat er als Hamburger nie von dem in Hamburg –Wandsbek spielenden Roman aus der NS-Zeit gehört: „das Beil von Wandsbek „ nach Arnold Zweig? Oder hält er Geschichten aus Dachau, Auschwitz und anderen Orten des Grauens für gelogen, übertrieben, nicht bewiesen?
Sind es bedauerliche Einzelfälle ? Erinnert sei hier an die ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann und Henry Nitzsche - Zitat. „Eher wird einem Muslime die Hand abfallen, als das er sein Kreuz unter der CDU setzt“: Beide wurden aus der CDU-Bundestagsfraktion ausgeschlossen. Nitzsche sitzt noch heute im Bundestag und fällt als fraktionsloser Abgeordneter dadurch auf, dass er so wichtige Anfragen an die Bundesregierung stellt, ob die Bundespolizei oder das Bundesinnenministerium die Zahlen über illegale Einreisen weitergeben. Vielleicht schlummern in Kreisen der CDU noch mehr von den Gedankenträgern wie Weiß, früher Hohmann und Nitzsche. Die Grünen in Hamburg wollen ja mit der CDU eine Koalition wagen. Allein deshalb schon wird die CDU sich des Problems in ihren eigenen Reihen widmen müssen .Der kleine Koalitionspartner, sollte es denn dazu kommen, wird nicht mit einer auf dem rechten Auge erblindeten Partei zusammengehen wollen. Da nutzt es auch nichts, dass sich Ole van Beust gerne als weltoffener Hanseat darstellen lässt. Für braune Gedankengänge, egal in welcher Partei, darf es keinen Platz geben. Dafür brauchen wir uns nur an unsere Vergangenheit zu erinnern. Dann wissen wir, warum es keinen Spielraum dafür geben darf.
Was wäre eigentlich gewesen, die Sprüche von Alexander Weiß wären nicht bekannt geworden? Dann hätte er sicher später in einem Ministerium als Verwaltungsjurist oder an einem Gericht juristisch einwandfrei erklärt, wer die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten darf oder Asylrecht erfahre. Dann wäre aus ihm sozusagen ein „Ariermacher“ geworden. Wer weiß, was aus Alexander Weiß noch wird. Ich sehe für seine Zukunft in der CDU schwarz.
(Volker-Taher Neef , Berlin)
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-29.03.2008 Backnang: Brandstiftung in Wohnhaus von Türken
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