Newsnational Mittwoch, 01.08.2018 |  Drucken

Islamkonferenz 2.0 - doch nichts Neues?

ZMD-Vorsitzender Aiman Mazyek im Gespräch mit der "SÜDWEST PRESSE" über die Bestimmung des sogenannten "Deutschen Islam"

Herr Mazyek, Sie leiten den Zentralrat der Muslime in Deutschland und kennen die Islamkonferenz bestens. Befürchten Sie, durch die Ausrichtung des Gremiums auf nicht organisierte Muslime an den Rand gedrängt zu werden? 

Als deutsche Religionsgemeinschaft ist es uns wichtig, dass die Bundesregierung endlich praktisch das Thema „Deutsche Muslime“ in den Mittelpunkt des Interesses setzt. Dies zählt zur DNA des Zentralrats seit je her. Bisher haben Teile der Politik sich eher an der Fragmentierung der Islamischen Community beteiligt, indem sie der Ethnisierung der Muslime das Wort geredet haben. Dass damit nun Schluss sein soll, ist gut. Ich finde es übrigens bemerkenswert, dass Staatsekretär Kerber klarstellt, dass Fußball-Nationalspieler Mesut Özil trotz seines auch von mir kritisch angesehenen Besuches beim türkischen Staatspräsidenten ein waschechter Deutscher bleibt und kein Extra-Bekenntnis dazu ablegen muss. 

Wie könnte in Ihren Augen eine Auswahl der Vertreter nicht organisierter Muslime bei der Islamkonferenz repräsentativ gestaltet werden?

Naturgemäß ist es so, dass es entweder Vertreter von organisierten Muslimen gibt oder Einzelpersonen und Initiativen. Vertreter können also nicht für die Nicht-Organsierten sprechen, umgekehrt können aber auch Einzelpersonen, wie es zum Beispiel die sogenannten Islamkritiker gerne tun, auch nicht darüber schwadronieren die angebliche schweigende Mehrheit per Zuruf vertreten zu können. Das sind demokratische Gesetzmäßigkeiten, wir tun gut dran, uns danach weiter zu richten. 

Was halten Sie von der Definition eines „deutschen Islams“? Steht der Islam in Deutschland auf dem Boden der deutschen Verfassung? 

Es gibt für uns keinen Islam, der nicht verfassungskonform ist. Es gibt allenfalls Muslime, die extremistische oder kriminelle Vorstellungen mit ihrer Religion verwechseln und sich bisweilen gegen unsere Ordnung stellen. Diese werden weiterhin unseren entschiedenen Widerstand erfahren. 

Wo sehen Sie Verbesserungsmöglichkeiten in der Islamkonferenz? 

Es geht darum, den längst integrierten deutschen Muslim, der seine Steuern zahlt, seinen Beitrag für die Gesellschaft leistet – kurzum, der jeden Tag das Motto lebt: der Islam gehört zu Deutschland –, endlich in den Mittelpunkt zu setzen. Aber wenn die Ankündigungen stimmen, dann sollte das ja nun gemacht werden. 

Wie hoch schätzen Sie mittelfristig die Chancen auf einen Staatsvertrag ein, wie ihn zum Beispiel die christlichen Kirchen mit dem deutschen Staat geschlossen haben? 

Die Macher der Islamkonferenz haben in der Vergangenheit wenig Interesse gezeigt, bei der Institutionalisierung des Islams in Deutschland – sprich Gleichbehandlung und Gleichstellung – proaktiv mitzuwirken, mit dem Verweis, dafür nicht zuständig zu sein, was bedingt auch stimmt. Das Thema ist ohnehin religionsverfassungsrechtlich bei den Ländern angesiedelt. Der ZMD begrüßt sehr, wenn der mancherorts politische und strukturelle Hang – übrigens hierzulande und auch vom Ausland gesteuert – die Muslime in ausländische Gruppen zu dividieren, nun aufhört. Wir sind Deutsche, ohne Wenn und Aber. Und eine ganz große Mehrheit der Muslime will das so verstanden wissen, nicht nur Einzelpersonen und Partikularinteressen, sondern viele hunderte Gemeinden mit ihren abertausenden Gläubigen in den Moscheen.




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