Prominente deutsche Katholiken kritisieren Flüchtlingspapier der CSU scharf
Papier bedient Vorurteile und vereinfacht politische Forderungen unsachlich, laut Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg (CDU)
Prominente Vertreter der katholischen Kirche kritisieren die Flüchtlingspolitik der CSU scharf. Der Kölner Kardinal Rainer Woelki wirft der Partei eine Spaltung der Gesellschaft vor. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg (CDU), hält den Forderungskatalog der Partei für unverantwortlich und gefährlich. Der Provinzialobere der deutschen Jesuiten, Pater Stefan Kiechle, warnt die CSU vor einer Annäherung an die AfD.
Mit Forderungen nach Obergrenzen oder einer Bevorzugung von Zuwanderern aus dem «christlich-abendländischen Kulturkreis» trage die Partei zur Polarisierung bei und betreibe das Geschäft der Rechtspopulisten von der AfD, sagte Kardinal Woelki dem «Kölner Stadt-Anzeiger»: Er halte nichts davon, «das nachzubeten, was andere falsch vorgedacht haben».
Der Erzbischof rief die Partei zugleich zur Verfassungstreue auf: «Wenn die CSU das Grundgesetz ernst nimmt, kann sie keine Obergrenze verlangen. Das lässt das Asylrecht nicht zu.» Woelki warnte die Partei zudem vor der Annahme, sie könne von einer Politik und Rhetorik der Scharfmacherei profitieren: «Wer das will, was die CSU propagiert, wählt am Ende gleich die AfD. Sie wird der lachende Dritte sein.»
ZdK-Chef Sternberg sagte im Deutschlandfunk, er sei «entsetzt» darüber, dass das Papier Vorurteile bediene und politische Forderungen unsachgemäß vereinfache. Statt Ängste zu bedienen, sei Sachlichkeit gefragt und keine «verwilderte politische Diskussion».
Wenn es ernsthaft darum ginge, Flüchtlinge in Christen und Muslime zu unterteilen, wiederspräche das den Werten des Christentums und der christlichen Vorstellung von Humanität. «Das wäre auch eine Ungeheuerlichkeit» und eine «antichristliche Position».
Kiechle sagte auf domradio.de, hinter vielen Forderungen der CSU etwa nach Obergrenzen oder einem Burka-Verbot stecke vor allem die «Angst, Wählerstimmen nach rechts zur AfD zu verlieren». Er könne sich nicht vorstellen, «dass der Schuss richtig gezielt ist. Ich glaube, er wird nach hinten losgehen.»
Er wolle sich zurückhalten darin, eine Politik als christlich oder nicht-christlich zu beurteilen, erklärte der Jesuit: «Ich persönlich muss aber sagen, dass eine andere Willkommenskultur für Menschen in schwerer Not eigentlich ein urchristliches Anliegen wäre.»
Sternberg sieht ein Hauptproblem darin, dass in der Debatte vieles durcheinandergeworfen werde, etwa Fragen von Zuwanderung, Flüchtlingshilfe und Integration. Mit Schlagworten wie Obergrenze, Burkaverbot oder Leitkultur präsentiere man Scheinlösungen, die fern jeder Lebensrealität und gar nicht umsetzbar sind.
Der CSU-Vorstand hatte am Samstag sein Flüchtlingspapier einstimmig verabschiedet, allerdings zuvor die besonders umstrittene Vorrang-Regelung für Zuwanderer aus dem «christlich-abendländischen Kulturkreis» geändert. Diese solle nur für die klassische Einwanderung gelten, aber nicht für die Asyl- und Flüchtlingspolitik.
(KNA und Eigene)
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