Newsinternational Dienstag, 27.11.2012 |  Drucken

Weltklimakonferenz in Doha: Erneuter Anlauf Klimaprobleme in den Griff zu bekommen

Während betroffene Länder stark unter den Klimaveränderungen leiden, tut sich die Welt schwer. Vorzeigeprojekt Desertec mit Startschwierigkeiten

Im Ölstaat Katar hat am Montag die Weltklimakonferenz über Möglichkeiten der Bekämpfung der Erderwärmung begonnen. 194 Staaten wollen unter anderem über einen konkreten Fahrplan für einen Weltklimavertrag verhandeln, der 2015 beschlossen werden soll. Die UN-Konferenz dauert bis zum 7. Dezember. Bundesumweltminister Peter Altmaier wird kommende Woche in Doha, der Hauptstadt des Emirats, erwartet.

"Wir wissen alle, warum wir Jahr für Jahr immer wieder kommen", sagte die südafrikanische Außenministerin Maite Nkoana-Mashabane, die voriges Jahr Gastgeberin des Klimagipfels in Durban gewesen war. "Wie schulden es unseren Völkern, den Bürgern der Welt. Wir schulden es unseren Kindern, ihnen eine sicherere Zukunft zu geben, als sie derzeit vor sich haben."

Die Konzentration von Treibhausgasen wie Kohlendioxid ist einem vergangene Woche veröffentlichten UN-Bericht zufolge seit dem Jahr 2000 um 20 Prozent gestiegen. Eine Vorausschau der Weltbank zeigte kürzlich einen Anstieg der Temperaturen in diesem Jahrhundert um bis zu vier Grad gegenüber der vorindustriellen Ära. Ziel der UN-Gespräche war es, diesen Anstieg auf zwei Grad zu begrenzen.

Harte Verhandlungen wird es in Doha wohl in der Frage geben, wie lange die nächste Verpflichtungsperiode für das Kyoto-Protokoll zur Begrenzung des Ausstoßes an klimaschädlichen Gasen dauern soll, nachdem sich die Staaten im vergangenen Jahr grundsätzlich auf eine Verlängerung des Abkommens verständigt hatten.

Offen ist außerdem die Frage, wie hoch die finanzielle Unterstützung für die vom Klimawandel besonders betroffenen Länder in den kommenden Jahren sein soll. Auch hier laufen die Zusagen, die vor drei Jahren auf dem Klimagipfel in Kopenhagen gemacht wurden, Ende des Jahres aus.
Ab 2020 sollen jährlich bis zu 100 Milliarden Dollar für Klimaschutzprojekte zur Verfügung stehen. Für die Zwischenzeit gibt es bislang keine Festlegungen. Verwaltet werden sollen das Geld vom Grünen Klimafonds, über dessen Sitz in Doha ebenfalls entschieden wird. Voraussichtlich wird die Wahl auf Südkorea fallen. Deutschland, das sich ebenfalls beworben hatte, ging bei einer Vorabstimmung leer aus.

Desertec mit Startschwierigkeiten

Unterdessen gerät das Vorzeige-Milliardenprojekt Desertec teilweise ins Stocken. Siemens und Bosch stiegen aus dem Wüstenstrom-Projekt aus. Siemens-Chef Peter Löscher sagte, langfristig sei die Vision richtig, aber im Moment müsse Europa sparen und habe wichtigere Probleme, als Stromleitungen von Afrika zu bauen. Der dreitägigen dii-Jahreskonferenz in Berlin gab kein Bundesminister die Ehre. Trotz Ankündigung konnte nicht einmal eine Absichtserklärung für ein späteres Rahmenabkommen unterzeichnet werden.

Doch es gibt auch gute Nachrichten  für das Desertec: Die bundeseigene KfW-Bank hat für den Bau des ersten großen Solarthermie-Kraftwerks in Marokko 100 Millionen Euro Kredit zugesagt. Und für den weiteren Ausbau des Kraftwerkparks am Rande des Atlas-Gebirges stellt sie «eine vielfach höhere Finanzierung in Aussicht». Vielleicht fließt ab dem Jahr 2016 tatsächlich der erste Sonnenstrom nach Europa.

Im Augenblick ist es noch umgekehrt: Marokko importiert den größten Teil seines Stroms aus Europa. Aber die Desertec-Stiftung und die von Konzernen wie RWE, Eon, ABB, Deutscher Bank und Munich Re vor drei Jahren gegründete Desertec-Industrie-Initiative dii hat eine große Vision: Bis zum Jahr 2050 sollten 400 Milliarden Euro investiert werden und 15 bis 20 Prozent des europäischen Strombedarfs von Wind- und Sonnenkraftwerken in Nordafrika gedeckt werden. Die Umsetzung der hochfliegenden Pläne ist allerdings mühsamer als gedacht.

Aber auch in Nordafrika sind noch viele Hürden zu überwinden. Die Stromerzeugung ist in staatlicher Hand, gesetzliche Grundlagen für private Stromerzeugung und -export fehlen. «Der Gang durch die Behörden und Ministerien ist mühsam», sagt Straub. Dii-Sprecher Klaus Schmidtke hofft, dass Marokko, Spanien, Frankreich, Italien und Deutschland nächstes Jahr ein Rahmenabkommen unterzeichnen.

Zwei Pilotprojekte sollen ab 2016 Strom nach Europa liefern: Das eine von Marokko nach Spanien, das andere von Tunesien nach Italien. Dabei geht es erst einmal um kleine Mengen. Die Anlagen starten mit annähernd 150 Megawatt Leistung. Aber sie sollen zeigen, dass die Vision machbar ist und keine Fata Morgana.



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