Newsnational Mittwoch, 11.11.2009 |  Drucken

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Kopftuchmörder Alex W. mit Tatmotiv Muslimhass - Stimmen zum Urteil

ZMD nimmt Urteil mit Erleichterung auf und mahnt zur Wachsamkeit gegenüber Rassismus - Ayyub Köhler: "Stolz auf unser Rechtssystem" - Weitere Reaktionen von Sachsens Regierung und Bundesregierung - Kommentar: Ideologisches Gerüst von Alex W. sind selbst in vielen bildungsbürgerlichen Köpfen verschraubt - versatzstückartig sogar in den Kopftuchverbotsgesetzen

Dresden/Kairo/Köln - Größtenteils mit Genugtuung und Erleichterung ist das Urteil gegen Alex W., den Mörder von Marwa El-Sherbini, aufgenommen worden. Der Rechtsanwalt des Witwers von Marwa El- Sherbini, Heiko Lesch, hat die Urteilsverkündung als "Tag der Gerechtigkeit" bezeichnet.

"Das Urteil bringt uns die geliebte Frau von Herrn Okaz und Mutter des kleinen Mustafa nicht wieder", sagte er. "Ich bin aber froh, dass der Täter seiner gerechten Strafe zugeführt wird." Elwi Okaz wollte sich nicht äußern. Der 32-jährige Ägypter, der am 1. Juli von Alex W. lebensgefährlich verletzt worden war, als er seine Frau schützen wollte, hatte das Urteil gefasst aufgenommen.

Die Vorsitzende Richterin Birgit Wiegand sprach Elwy Ali Okaz die Hochachtung der Kammer für sein sachliches und höfliches Verhalten während des Prozesses aus. "Sie haben in der Tradition im Auftreten ihrer Frau höflich, sachlich und sachgerecht gehandelt - das nötigt uns allen tiefen Respekt ab."

ZMD: Erleichterung und weg mit der Schande für die Kulturnation der Deutschen

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Ayyub Axel Köhler, hat mit Erleichterung auf das Urteil gegen den Mörder der Ägypterin Marwa El-Sherbini reagiert. "Wir sind stolz auf unser Rechtssystem und unsere unabhängige Justiz" (siehe auch untere Pressemitteilung des ZMD), sagte Köhler am Mittwoch in Dresden. Das Urteil sei sehr sorgfältig und abwägend gefällt worden. "Wir müssen jetzt hoffen, dass sich so etwas nicht wiederholt." Die Politik forderte er auf, etwas gegen die Islamfeindlichkeit zu unternehmen. "Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und Islamfeindlichkeit sind eine Schande für eine Kulturnation wie die Deutschen", sagte Köhler.

Reaktionen von Sachsens Regieung und Bundesregierung

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), hat das Urteil gegen den Mörder der Ägypterin Marwa El-Sherbini begrüßt. Böhmer wertete den Richterspruch als ein klares Zeichen für die arabische Welt und für Muslime in Deutschland. "Für Islamophobie und Fremdenfeindlichkeit ist kein Platz in unserem Land", erklärte die Staatsministerin am Mittwoch in Berlin. Sie sprach von der "Tat eines Einzelgängers". Die Richter hatten den Angeklagten zu lebenslanger Haft verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt. "Das belegt: Solche Gewaltverbrechen werden in Deutschland mit aller Konsequenz bestraft", sagte Böhmer.

Sachsens Regierung hat das Urteil gegen den Mörder der Ägypterin Marwa El-Sherbini mit Genugtuung zur Kenntnis genommen. "Der deutsche Rechtsstaat hat damit eine klare Antwort auf diese abscheuliche Tat gefunden", erklärte Regierungssprecher Johann-Adolf Cohausz am Mittwoch in Dresden. Das Dresdner Landgericht hatte den Russlanddeutschen Alex W. wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Gericht stellte am Mittwoch zugleich die besondere Schwere der Schuld fest. Damit ist eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren praktisch ausgeschlossen.

Ideologisches Gerüst von Alex W. sind selbst in vielen bildungsbürgerlichen Köpfen verschraubt - versatzstückartig sogar in den Kopftuchverbotsgesetzen

Der Tagesspiegel kommentiert das Urteil so:
Ob es um die Charakterisierung des Islam als „gefährliche und verrückte Religion“ ging, ob er sich über Muslime verbreitete, die sich „nicht anpassen“, sondern die Gesellschaft unterwandern wollten, ob er Toleranz als riskant brandmarkte oder das Kopftuch, das Marwa el-Sherbini trug, als Symbol der Unterdrückung, als Beleidigung seiner, der „deutschen“ Kultur, als Anblick, den er nicht ertragen müsse:

Die wesentlichen Scharniere des ideologischen Gerüsts von Alex W. sind selbst in vielen bildungsbürgerlichen Köpfen verschraubt, und mit den Kopftuchgesetzen der Länder sind Versatzstücke solchen Denkens sogar rechtsverbindlich geworden. Dass Gesinnung und Tat hier nicht zu trennen waren, hatte vor Tagen vor allem das Plädoyer von Heiko Lesch nachgezeichnet, dem Bonner Rechtsanwalt, der den Witwer als Nebenkläger vertrat. Auch die Kammer erkannte den immer wieder geäußerten Ausländerhass von Alex W. als wesentliches Tatmotiv.


Lesen Sie dazu auch:
ZMD zum Ausgang des Mordprozesses „Marwa“

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