Newsnational Mittwoch, 05.03.2003 |  Drucken

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Deutschlands Stimme in Nahost

Der arabische Sender Al Jazeera will in Deutschland Fuß fassen

Gerhard Schröder macht Aktham Suliman viel Arbeit. Seit der Kanzler mit seinem Nein zu einem Irak-Krieg die Weltpolitik in Wallung bringt, hetzt der Deutschland-Korrespondent des arabischen Nachrichtensenders Al Dschasira von Termin zu Termin. Suliman, 32 Jahre alt, verheiratet und seit einem Jahr im Dienst der Fernsehstation aus Katar, übersetzt Schröders Bundestagsreden simultan, interviewt Außenminister Joschka Fischer, berichtet von der Münchener Sicherheitskonferenz. Suliman ist damit so etwas wie Deutschlands Stimme in der arabischen Welt.

Der Journalist richtet gerade das erste deutsche Auslandsbüro von Al Dschasira ein, jenem Sender, der mit vermeintlichen Bin-Laden-Videos weltweit Aufsehen erregte (deren Echtheit ist bis heute nicht eindeutig belegt worden). Bislang musste sich Suliman mit einem Provisorium im ZDF-Hauptstadtstudio begnügen. Als Ein-Mann-Unternehmen durfte er die technische Ausrüstung der deutschen Kollegen mit benutzen, das ZDF wurde im Gegenzug mit Al-Dschasira-Bildmaterial versorgt. Jetzt bekommt Suliman drei eigene Büro-Räume, eine eigene Sekretärin, will einen eigenen Kamera-Mann einstellen. Ein Folge nicht zuletzt von Schröders Außenpolitik.

Früher, sagt Suliman, sei Deutschland in der arabischen Welt nur mit seiner pro-israelischen Position wahrgenommen worden. "Diese Bewältigung der Nazi-Vergangenheit wurde im Nahen Osten nie verstanden." Inzwischen habe sich die Position Deutschland gegenüber gewandelt. "Die klare Haltung der deutschen Regierung zum Irak-Konflikt hat das Land sichtbar gemacht. Die Araber verfolgen mit Rieseninteresse, was hier passiert." Sogar die Kanzler-Rede zur Irak- und Steuerpolitik wurde komplett von Al Dschasira live übertragen.

Der in Damaskus geborene Reporter mit einem deutschen und einem syrischen Pass spricht mit sanfter Stimme vom Krieg. "Der Afghanistan-Krieg hat die Stimmung radikalisiert. Die arabische Welt fühlte sich vom Westen gehasst. Dass jetzt der Westen über Bushs Politik streitet, hilft den liberalen Kräften im Nahen Osten", meint er.

"Es gibt keine Ideologie" , sagt Suliman. Er wolle nicht bekehren, weder zum wahren Glauben, noch zur Demokratie. "Wir zeigen sowohl ein Interview mit Außenminister Fischer als auch die Gegenrede von US-Verteidigungsminister Rumsfeld." Diese Darstellung unterscheide Al Dschasira von anderen arabischen Programmen, die Propaganda-Medien der Herrscher seien, sagt Suliman und nimmt für seinen Sender in Anspruch, zu einer "gewissen Demokratisierung" beigetragen zu haben. "Ohne es geplant zu haben, unterstützen wir den Dialog der Kulturen." Und so sieht sich der Journalist als eine Brücke zwischen Deutschland und der arabischen Welt. 35 Millionen Haushalte mit mindestens drei, im "Idealfall" aber bis zu zehn Personen, können Al Dschasira empfangen.





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