Newsnational Montag, 09.12.2002 |  Drucken

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In eigener Sache: islam.de und die Kampagne gegen die Zwangsheirat

Recherchefehler verursachten Missverständnisse, die wir ausräumen wollen

Am 25. November startete terre des femmes eine Kampagne gegen die zwangsweise Verheiratung von Frauen (wir berichteten). Das besondere Augenmerk richtet sich dabei auf islamische Länder sowie auf in Deutschland lebende muslimische Türkinnen.

In der Tat stellt innerfamiliäre physische und psychische Gewalt - wozu die Zwangsverheiratung zweifellos gehört - in vielen muslimischen Ländern und innerhalb der westeuropäischen muslimischen Communities ein gravierendes Problem dar, das bisher allzu oft verdrängt wurde. islam.de sah es als wichtig an, darauf aufmerksam zu machen, um einerseits aufzuklären und andererseits zu sagen: hierbei handelt nicht um ein islamisches Phänomen.

Zwischenzeitlich sahen wir uns jedoch veranlasst, das unterstützenswert erachtete Projekt noch einmal kritisch zu bewerten. Denn neben den vielen Mails der Ermutigung und des Zuspruches, solche heiße Eisen in Zukunft weiter anzusprechen, bekamen wir auch heftige Kritik und erfuhren von Protesten in manchen türkischen Medien.

Hierzu ist folgendes zu sagen: Zum einen ist die Aufzählung in unserem Artikel in der Tat verwirrend und mit fehlerhaften Zahlen verbunden. Das soll nicht noch mal vorkommen. Nach unseren neusten Recherchen stammen die 70.000, die auch die Katholischen Nachrichten Agentur (KNA) von terre des femmes übernommen hat, aus dem Jahre 1997 und wurde in der Sendung Babylon (WDR) zum ersten Mal verbreitet. In dieser Sendung hieß es jedoch, dass die Zahl der Menschen, die auf Grund der Familienzusammenführung nach Deutschland kamen, 70.000 beträgt. Es handelt sich bei dieser Zahl also nicht nur um Türken, sondern auch um Afrikaner, Araber, sowohl weibliche als auch männliche Zugezogene. Und schließlich: es hat nirgends eine Studie über die Zwangsehe in diesem Zusammenhang gegeben.

Der türkische Verband ATIB, welcher der mitgliedstärkste Verband des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) ist, bemängelte in einem Brief an uns zu Recht die Wortwahl des Berichtes, der den Eindruck erwecke, dass alle Eheschließungen mit jungen Frauen aus der Türkei Zwangsheiraten seien, was, wie bereits gesagt, zu keinem Zeitpunkt unsere Absicht war. Wir bitten dafür um Entschuldigung.

Dass aber die türkische Zeitung ZAMAN beispielsweise dies zum Anlass nimmt, islam.de antitürkische Tendenzen zu unterstellen, ist nach unserem schlecht recherchierten Bericht vielleicht aufmacherisch reizvoll, bleibt aber polemisch und falsch; wir sind sicher, dass jeder, der islam.de kennt, dies bestätigen wird.

Erst jüngst haben wir als Mitinitiator eines neuen Literaturpreises des Zentralrats und des Integrationsbeauftragten von NRW eine Türkin mit dem zweiten Platz ausgezeichnet, deren positive Lebenseinstellung uns trotz oder gerade wegen der dornenreichen Emigration aus der Türkei nach Deutschland besonders ins Auge fiel. Als Mitglied in der Jury dieses Wettbewerbes habe ich mich dafür persönlich eingesetzt, dass gerade ihre "Lebensgeschichte" für den Abdruck in der TAZ letzte Woche freigegeben wurde.

Zum Schluss möchte ich noch einer verbreiteten Meinung (wurde wieder durch die kritischen Mails deutlich), wonach islam.de identisch mit dem Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) sei, entgegen treten. Der ZMD ist Träger des Projektes islam.de. Unsere Redaktion arbeitet jedoch unabhängig davon. Nicht alles was islam.de berichtet, steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Zentralrat, es sei denn, es wird ausdrücklich so gekennzeichnet. Durch diese demokratische und unabhängige Form ist mehr Transparenz in der Medienberichterstattung über den Islam darstellbar. Das soll auch in Zukunft so bleiben. Aiman A. Mazyek (Chefredakteur)




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