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Dienstag, 27.02.2007

Karlsruhe: Sieg für die Freiheit der Presse

Politiker aller Parteien und Chefredakteure begrüßen das Urteil des Verfassungsgerichts gegen die Durchsuchungen bei "Cicero“

Das Urteil war eindeutig. Anderthalb Jahre nach der Durchsuchung der "Cicero"-Redaktion und des Wohnhauses von Autor Bruno Schirra hat das Bundesverfassungsgericht Karlsruhe heute geurteilt: Die Razzia war rechtswidrig. Ein einfacher Verdacht der Beihilfe zum Geheimnisverrat reiche für so eine Aktion nicht aus, entschieden sie.

Die Richter wollen verhindern, dass Arbeitsräume von Journalisten nur durchsucht werden, um ihre Quellen zu enttarnen. Zur Pressefreiheit gehöre der Schutz des Informanten, erklärten sie. Das hat Karlsruhe schon im Spiegel-Urteil 1966 festgestellt und gestern bekräftigt.
Eine Durchsuchung wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat bleibt aber möglich, wenn es neben der Veröffentlichung weitere „tatsächliche Anhaltspunkte“ dafür gibt, dass der Informant die Veröffentlichung des Dokuments bezweckte - etwa wenn er damit prahlt, er habe die Aufdeckung eines Skandals ins Rollen gebracht. Das Urteil bietet also nur höheren, keinen absoluten Schutz für Redaktionsräume.

FDP, Grüne und Linkspartei begrüßten das Urteil rundweg - passt es doch zu ihren Gesetzesplänen, die Pressefreiheit zu stärken: Die Opposition will Journalisten, die brisantes Material verwenden, grundsätzlich Straffreiheit zusichern.

Die FDP-rechtspolitische Sprecherin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sieht in der Entscheidung eine überfällige Stärkung der Pressefreiheit - "sie reicht aber nicht aus". Die Beihilfe zum Geheimdienstverrat dürfe für Journalisten nicht länger strafbar sein, sagt die Bundestagsabgeordnete SPIEGEL ONLINE. Die "Cicero"-Affäre zeige nur die Speerspitze der Gefahren für die Pressefreiheit.

Wolfgang Neskovic, rechtspolitischer Sprecher der Linkspartei, nennt das Urteil eine Selbstverständlichkeit der Demokratie. Er hätte sich eine Antwort der Richter auf die Frage gewünscht, ob bei solchen Streitthemen Journalisten überhaupt bestraft werden können. Weil sie dies unterlassen haben, sei der Gesetzgeber gefordert, sagt Neskovic. Er wirft Teilen der Regierung ein Interesse an der Disziplinierung von Journalisten vor - indem Durchsuchungen, Telefonüberwachungen und Beschlagnahmen angedroht werden, um einen allzu investigativen Journalismus zu verhindern.

Auch die Medie begrüßten das Urteil durchweg. Helmut Markwort, Chefredakteur von "Focus", nennt das Urteil "wichtig für unsere Arbeit". Entscheidend sei nun aber, dass der Bundestag daraus ein Gesetz entwickle und verabschiede.
Hans Leyendecker, bekannter Rechercheur der "Süddeutschen Zeitung", erwartet nach dem "Cicero"-Urteil, dass die Verfahren gegen die Journalisten eingestellt werden.