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Mittwoch, 07.06.2006

Kommentar zu: Muslimische Töchter sollen mit auf Klassenfahrt von Maryam Brigitte Weiß

„Schulwanderungen und Schulfahrten, Schullandheimaufenthalte, Studienfahrten und internationale Begegnungen … sind Bestandteile der Bildungs- und Erziehungsarbeit der Schulen. Sie müssen einen deutlichen Bezug zum Unterricht haben, programmatisch aus dem Schulleben erwachsen und im Unterricht vor- und nachbereitet werden.“ („Wanderrichtlinien“, Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung NRW vom 19.3.1997)

Zur pädagogischen Bedeutung und Durchführung von Schullandheimaufenthalten heisst es im Kultusministerkonferenzbeschluss u.a. weiter:

1.1 Durch den Aufenthalt von Schulklassen und anderen schulischen Gruppen im Schullandheim können Unterricht und Erziehung in besonders günstiger Weise miteinander verbunden werden.

1.2 Das ganztägige Zusammensein von Lehrern und Schülern ermöglicht situationsbezogenen und fächerübergreifenden Unterricht frei von organisatorischen Zwängen,…verlangt und fördert gegenseitiges Verstehen und Rücksichtnahme bei unterschiedlichen Interessen, ermöglicht, innerhalb der Gruppe soziale Erfahrungen zu sammeln,…

2.1 Bei der Auswahl des Schullandheims, der Planung und Gestaltung des Aufenthaltes sollen Lehrer, Eltern und Schüler zusammenwirken. …

2.2 …Die Schüler sollen Gelegenheit erhalten, Eigenverantwortung zu entwickeln und Bereitschaft zu mitverantwortlichem Handeln zu üben und auszuprägen. …

Zu den Teilnahmepflichten heisst es weiter in Punkt 4:

4.2 Schulwanderungen und Schulfahrten sind Schulveranstaltungen. Sie werden grundsätzlich im Klassenverband bzw. im Kursverband durchgeführt. Gemäß § 8 Abs.1 Allgemeine Schulordnung (ASchO – BASS 12-01 Nr.2) sind Schülerinnen und Schüler zur Teilnahme verpflichtet. Auf behinderte Schülerinnen und Schüler ist bei der Gestaltung Rücksicht zu nehmen, damit auch für sie die Teilnahme möglich und zumutbar ist. In besonderen Ausnahmefällen ist gemäß § 11 ASchO eine Befreiung von der Pflicht zur Teilnahme möglich.

Ergänzung vom 9.9.2003 :
Ein entsprechender Antrag ist von den Erziehungsberechtigten schriftlich zu begründen. Bei mehrtägigen Veranstaltungen wird die Befreiung erteilt, wenn die Erziehungsberechtigten auch nach einem Gespräch über Ziele und Inhalt der Klassenfahrt aus religiösen oder gravierenden erzieherischen Gründen bei ihrem Antrag bleiben.
Schülerinnen und Schüler, die von der Teilnahme befreit sind, besuchen in der Regel den Unterricht einer anderen Klasse oder eines anderen Kurses. Ist dies nicht möglich, werden ihnen unterrichtsbezogene Aufgaben gestellt.

4.3 Wird eine Schulwanderung oder Schulfahrt über einen Sonntag oder kirchlichen Feiertag ausgedehnt, ist Gelegenheit zum Besuch des Gottesdienstes zu geben. Auf Teile der Schülerinnen und Schüler, die aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen besondere Gebote (z.B. Speisevorschriften) beachten müssen, ist Rücksicht zu nehmen.

Im Januar 2004 ergänzte die Bezirksregierung Düsseldorf den § 11 Abs.1 ASchO (Befreiung von einzelnen Unterrichtsveranstaltungen) damit, dass „eine Befreiung vom Schwimmunterricht aus religiösen Gründen in Betracht kommen (kann), eine generelle Befreiung vom Sportunterricht ist jedoch ohne weiteres nicht möglich.“ und „in jedem Einzelfall eine Güterabwägung zwischen dem staatlichen Erziehungsauftrag aus Artikel 7 Abs.1 Grundgesetz (GG) einerseits und dem Recht auf Glaubens- und Religionsfreiheit aus Artikel 4 Abs.1 und 2 GG andererseits vorzunehmen“ ist. Im weiteren Verlauf des Textes wird von einer Rücksichtnahme von Seiten der Schule und einem möglichen Glaubenskonflikt der Schülerin (nicht des Schülers) gesprochen und davon, dass es dem Verständnis der staatlichen Neutralität und dem Toleranzgebot widersprechen würde, wenn z.B. ein Kopftuchverbot im Sportunterricht ausgesprochen würde. Der Text geht sogar so weit, dass verlangt wird, der Schülerin, weil sie einen Rechtsanspruch auf Teilnahme an allen ordentlichen Schulfächern hat, solche Übungen zu ermöglichen, die sie aus Sicherheitsgründen mit dem Kopftuch ablegen kann. Ansonsten ist die Schülerin von gefährdenden Übungen zu befreien. Zum Schwimmunterricht wird weiter ausgeführt, dass, wenn ein getrennter Schwimmunterricht nicht möglich ist, dem Antrag einer muslimischen Schülerin (nicht einem muslimischen Schüler) auf Befreiung vom Schwimmunterricht zu entsprechen sei. Über die Befreiungsanträge entscheidet die Schulaufsichtsbehörde.

Für die Klassenfahrten führt der gleiche Text in kurzer Art und Weise am Ende aus:

„Die gleiche Vorgehensweise ist bei Befreiungsanträgen von Klassenfahrten anzuwenden. Hier trifft jedoch die Schulleitung die Erstentscheidung (vgl. hierzu § 11 Abs.1 Satz 2 AschO).“

Soweit die Sachlage der vorherigen Landesregierung von NRW. Die jetzige Landesregierung hat ein neues Schulgesetz in Arbeit. Es soll mit Beginn des Schuljahres 2006/07 in Kraft treten, ist allerdings noch nicht verabschiedet. In einem Vorabkommentar dazu heisst es in
§ 43 Teilnahme am Unterricht und an Schulveranstaltungen
3.5 Eine Befreiung ist im Allgemeinen nur für außerunterrichtliche Schulveranstaltungen (z.B. Klassenfahrt) möglich.

Für den Schwimmunterricht wird die Empfehlung abgegeben, insbesondere diesen nach Geschlechtern getrennt durchzuführen.

Gesetzlich betrachtet haben also Eltern durchaus die Möglichkeit, ihre Kinder von bestimmten Schulveranstaltungen befreien zu lassen. Das bedeutet dann noch lange nicht, dass die Schulpflicht dadurch verletzt wird: Bei Nicht-Teilnahme an Klassenfahrten (womit in der Regel nur die mehrtägigen Fahrten angesprochen sind, die Tagesausflüge sind weniger betroffen) nehmen die Schüler/Schülerinnen am Unterricht einer anderen Klasse teil. Bei Nicht-Teilnahme am Schwimmunterricht nehmen die Schülerinnen am Sportunterricht (Halle, Sportplatz) einer anderen Klasse teil.

Es wird sicher so sein, dass es Orte gibt, wo verstärkt muslimische Schüler/-innen ihre Teilnahme an mehrtägigen Fahrten ablehnen. Aber in der Öffentlichkeit erscheint es so, als ob durch das Verhalten der Muslime das Schulleben dieser Schulen massiv betroffen würde. Dem ist in der Regel nicht so. Tatsache ist, dass sehr viele Teilnahmeverweigerungen durch andere Schülergruppen zustande kommen: Familien, die den Zeugen Jehovas angehören, lassen ihre Kinder nicht mitfahren. Familien, die entweder als Spätaussiedler aus Kasachstan oder Russland kommen oder als Ursprungsdeutsche schon immer hier leben und bestimmten freikirchlichen Gemeinden angehören, lassen ihre Kinder nicht mitfahren.
Und immer mehr Familien, die nicht zum oben genannten Personenkreis gehören, sind finanziell gar nicht mehr in der Lage, eine Klassenfahrt zu finanzieren. Nicht jede Schule hat dann einen Schulverein, der helfend einspringen kann. Nicht jede Sozialhilfe beziehende Familie möchte sich durch den Antrag an das Sozialamt, der über die Schule geht (Nachweis über die Höhe der Kosten) outen. Es gibt durchaus Kinder, die sich deshalb schämen und sich lieber in der Klasse aggressiv über die Klassenfahrt äußern, dass sie „keinen Bock auf so etwas“ haben, als zuzugeben, dass sie dafür kein Geld haben. Mag für die Kinder in der Hauptschule eine Fahrt noch bei etwa 150 € liegen, so kostet eine Fahrt auf dem Gymnasium durchaus das Doppelte.

Im sogenannten Wandererlass (Wanderrichtlinien) heisst es im Übrigen bei der pädagogischen Bedeutung und Durchführung von Schullandheimaufenthalten in
2.3 Jeder Schüler sollte mindestens einmal während seiner Schulzeit an einem Schullandheimaufenthalt teilnehmen.

Wenn also ein Schüler in seiner Grundschulzeit eine mehrtägige Klassenfahrt mitgemacht hat, hätte er dort die Gelegenheit gehabt, wie oben genannt, ohne „organisatorische Zwänge“ (was im Projektunterricht der Schulen übrigens auch möglich ist) Unterricht zu erleben ; hätte er „gegenseitiges Verstehen und Rücksichtnahme“ üben können (was im übrigen Unterricht eigentlich auch geübt werden sollte) ; hätte er „in der Gruppe auftretende Konflikte bewältigen“ geübt (was ebenfalls ständig im Unterricht passiert). Alle genannten Ziele einer Klassenfahrt und viele weitere mehr sind im normalen Unterricht und vor allem auch bei Tagesausflügen möglich.

Ein weiterer Punkt für die verringerte Anzahl von mehrtägigen Klassenfahrten ist auch, dass pro Klasse immer zwei Lehrer (männlich und weiblich) mitfahren. Das heisst, dass zwei Lehrer diese Fahrt selber bezahlen und dafür 24 Stunden im Dienst sein dürfen. Ab Klasse 7 besteht der Wunsch der Schüler, nicht mehr in Schullandheime bzw. Jugendherbergen zu fahren. Es werden Ferienparks mit Wohngruppen in Ferienhäusern gewünscht. Das bedeutet wieder, dass immer 4 bis 6 Schüler/-innen in einem Haus zusammenwohnen. Damit ist die Aufsicht für die Lehrpersonen sehr erschwert und bedeutet ein ständiges Wandern von Haus zu Haus, Tag und Nacht. Immer, wenn die Klasse nicht gerade unterwegs ist. Es sei die „kämpferische“ Bemerkung erlaubt, dass schon sehr viel Idealismus vorhanden sein muss, wenn auf der einen Seite das Urlaubsgeld komplett gestrichen und das Weihnachtsgeld halbiert wurde und demnächst ganz gestrichen werden soll, wenn die Arbeit des Lehrers immer umfangreicher und schwieriger wird (ohne auf die Details einzugehen) und auf der anderen Seite verlangt wird, die zusätzliche Belastung auch noch selber zu bezahlen und anschließend für alle „Unfälle“ auch noch aus Gründen der nicht ausreichend gewährten Aufsichtspflicht (!) den Kopf hinzuhalten. Eine Klassenfahrt ist eine immense zusätzliche Belastung, der vor allem ältere Kollegen/Kolleginnen nur noch bedingt gewachsen sind. Wenn man bedenkt, dass vor allem in den Hauptschulen das Durchschnittsalter bei Mitte Vierzig liegt, dort die unterschiedlichsten Klassenzusammensetzungen vorherrschen (wenig Deutsch sprechende Kinder, Seiteinsteiger, Spätaussiedler, Rückläufer von Realschulen und Gymnasien, integrative Kinder aus Förderschulen, sehr schwach begabte Schüler und die „ganz normalen“ Schüler), die meisten Kinder von Geringverdienern bzw. Arbeitslosen und eben auch die meisten muslimischen Kinder dort untergebracht sind, dann muss es einfach so erscheinen, als ob gerade dort die meisten „Verweigerungen“ vorliegen würden. Dem versuchen aber gerade Hauptschullehrer/-innen mit gezielten preiswerten Tagesausflügen (mit vor- und nachbereitetem Unterricht) entgegen zu wirken. Diese Tagesausflüge tragen sehr viel zum Sozialverhalten der Schüler bei, bieten gute Möglichkeiten durch Spiel, Sport und Wanderung, soziale Erfahrungen zu sammeln und zu verstärken. Es muss eben nicht die teure Fahrt an die italienische Adria oder nach London sein. Diese Fahrten verstärken soziale Unterschiede und machen sie erst recht deutlich. Wer kann sich was leisten und wieviel davon?

Für die Muslime bedeutet eine solche mehrtägige Fahrt, wenn sie ihre Religion wirklich ernst nehmen und danach leben, dass sie während dieser Fahrt zum Außenseiter werden, denn Unterschiede, die im Schulalltag gar nicht auffallen, treten plötzlich ans Licht. So ist es schon komisch für die Wohngruppe eines Ferienhauses im Ferienpark, wenn muslimische Schüler sich tatsächlich an Gebetszeiten halten und dafür z.B. vor den anderen Schülern aufstehen und ihr Morgengebet verrichten oder beim gemeinsamen Kochen erwähnen, dass sie kein Schnitzel haben möchten, wenn sie nicht zum gemeinsamen Schwimmen ins Schwimmbad wollen oder die Sonnenbank meiden und wenn sie nicht das Glas Bier beim abendlichen Besuch der Ferienparkdisco mittrinken wollen und auch vom gemischten Discotanz eher unbegeistert sind. Alle diese Situationen gibt es in der Regel nicht im normalen Schulalltag oder bei eintägigen Ausflügen. Daher ist für Kinder mit religiöser Erziehung das Ziel der mehrtägigen Ausflüge, die Gemeinschaft durch gemeinsam durchgeführte und positiv empfundene Aktivitäten zu stärken, eher nicht zu erwarten. Auch die Förderung des „gegenseitigen Verstehens und der Rücksichtnahme bei unterschiedlichen Interessen“ ist dabei ein recht einseitiger Akt. Während die muslimischen Schüler das im Alltag längst gelernt haben, weil sie als Minderheit in dieser Gesellschaft leben, wird bei einer mehrtägigen Fahrt dann eher einseitig von den nicht-muslimischen Schülern verlangt, dass sie eventuell die Interessen ihrer überwiegenden Mehrheit (z.B. Spaßbadbesuch, Disco) einer Minderheit unterordnen. Das ist für die Gemeinschaft nicht förderlich, da die einen als Spielverderber dastehen (auch wenn der Kompromiss geschlossen wird, dass diese in ihren Ferienhäusern unter der Aufsicht einer Lehrperson zurück bleiben) und sie sich auch selbst in diese Rolle gedrängt fühlen, obwohl sie nichts anderes tun, als sich nach ihrer Religion zu richten. Lediglich die außergewöhnliche Situation der Klassenfahrt bringt sie in die Verlegenheit, anderen ungewollt „den Spaß zu verderben“. Die Liste ließe sich noch um einige Punkte ergänzen.
Als Beispiel zur Verdeutlichung kann ein Betriebsausflug über mehrere Tage gewählt werden: Jemand ist der einzige Vegetarier und Antialkoholiker (einfach nur aus ethischer und gesundheitlicher Überzeugung), der auch noch die Angewohnheit hat, morgens früher als die anderen aufzustehen und abends früher schlafen zu gehen und nicht an der gemeinsamen Feierabendgestaltung teilzunehmen. Und tagsüber unterbricht er die Gruppenaktivitäten für bestimmte regelmäßige Entspannungsübungen. Wird sich dadurch das Betriebsklima verbessern oder werden nur die bis dahin überhaupt nicht wahrgenommenen unterschiedlichen Lebensweisen in den Mittelpunkt des Interesses aller Teilnehmer gerückt? Ein Erwachsener wird dem vielleicht entstehenden Gruppendruck mit einem schulterzuckenden „Ich bin eben so“ begegnen und dahin gehend argumentieren, dass schließlich nur seine Arbeit der Maßstab für eine Beurteilung seiner Person sein darf und nicht sein individuelles Freizeitverhalten.
Aber was passiert mit einem Jugendlichen in einer solchen Situation? Sie können noch nicht so selbstbewusst ihre Meinung gegen eine Mehrheit vertreten. Ihr ansonsten positives Selbstbild kann dadurch empfindlich gestört werden. Diese Erfahrung kann und sollte nicht jedem Schüler zugemutet werden.

Natürlich kann eine mehrtägige Fahrt durchaus ein voller Erfolg für die Klasse werden. Das hängt davon ab, wie weit die Klassengemeinschaft schon existiert und wie weit sich der/die Klassenlehrer/-in darauf einlässt und Verständnis aufbringt. Wenn die „Sozialarbeitermanier“ vieler Lehrer/-innen durchschlägt nach dem Motto „Ach komm, du bist nicht zu Hause, wir verraten dich doch nicht. Das musst du wenigstens einmal ausprobieren, sonst kannst du doch gar nicht mitreden“, dann ist die Fahrt eine große Belastung für die betroffenen Schüler, denn sie finden keine Unterstützung, wenn sie sich ihrer Religion konform verhalten wollen. Sie sehen sich stattdessen von Seiten der Begleitpersonen mit Unverständnis konfrontiert. Das ist natürlich nicht auf bösen Willen zurückzuführen. Es liegt u.a. daran, wie religiöse muslimische Jugendliche, insbesondere Mädchen mit Kopftuch, in den Medien dargestellt werden. Wenn die Lehrer sie also auffordern, auch mal „Fünfe gerade sein zu lassen“ und nicht alles „so eng“ zu sehen, dann meinen sie, tatsächlich etwas zur positiven Entwicklung (sprich der Abnabelung vom Elternhaus) dieser Schüler beigetragen zu haben. Dass daraus eine Gewissensnot bei den Schülern entstehen könnte (die ihr religiöses Leben leben möchten und gleichzeitig ihre Klassenkameraden mögen und ihre Lehrer schätzen), ist für sie nicht oder nur schwer nachzuvollziehen. Der betroffene Schüler/die betroffene Schülerin steht entweder mit seiner/ihrer „merkwürdigen und verklemmten“ Ansicht alleine und fühlt sich unwohl oder er/sie wird sich anpassen und auch dabei nicht gut fühlen.

Alles, was es an Positivem bei mehrtägigen Klassenfahrten gibt, gibt es auch bei Tagesfahrten. Und dazu keine Probleme für die muslimischen Schüler und meist keine besondere Belastung für das Portemonnaie aller Eltern.

Sollte es doch einmal angebracht sein für eine Klasse, eine Fahrt zu organisieren, dann sollten muslimische Eltern auf jeden Fall zu dem entsprechenden Elternabend gehen und ihre Bedenken vorbringen. Eine gute Zusammenarbeit zwischen Elternhaus und Schule ist für die Entwicklung der Kinder unabdingbar in jedem Fall! Nur so erfährt auch der/die Lehrer/-in von bestimmten Lebensbedingungen der einzelnen Schüler/-innen und kann darauf eingehen. Es ist allerdings schon sehr eigenartig, dass in der Regel die muslimischen Jungen immer mitfahren dürfen ohne Diskussion, die Mädchen aber nicht. Islamische Regeln gelten für Jungen und Mädchen, für Männer und Frauen. Wenn ein Vertrauensverhältnis zwischen den Eltern und Lehrern besteht, die Rahmenbedingungen für die Fahrt abgesprochen sind und die muslimischen Kinder gut in die Klassengemeinschaft integriert sind, kann durchaus über eine Teilnahme an der Fahrt nachgedacht werden. Ängste auf Seiten der Eltern können schon im Vorfeld abgebaut werden, wenn z.B. im Hauswirtschaftsunterricht auf die Speisegebote und die Ramadanzeiten der Schüler Rücksicht genommen wird, wenn es keine Diskussion über die Teilnahme am Schwimmunterricht gibt (entweder monoedukativer Schwimmunterricht oder eben Ersatzteilnahme am Sportunterricht einer anderen Lerngruppe) und wenn die Feiertage jeweils zu den beiden islamischen Festen ohne große Besprechung gewährt werden (gesetzlich betrachtet müssen sowieso religiöse Feiertage aller Religionen berücksichtigt werden). Allerdings muss auch das Vertrauen auf der schulischen Seite erarbeitet werden: Muslimische Eltern sollten alle Gesprächsangebote der Schule wahrnehmen (Elternabende, Elternsprechtage usw.) und sich auch in die außerunterrichtliche Arbeit der Schule einbringen (Schulfeste). Die Religion darf nicht an falscher Stelle für Ausreden „missbraucht“ werden („Mein Kind kommt heute zu spät, weil wir Ramadan haben und gestern Abend so lange gegessen haben, erst spät ins Bett kamen und heute schon so früh wieder aufgestanden sind zum Essen. Danach sind wir wieder ins Bett gegangen und haben verschlafen.“)
Im Grundschulbereich besteht auch die Möglichkeit für muslimische Mütter, ihre noch jungen Kinder zu begleiten. Manche Grundschullehrer/-innen sind für diese Unterstützung durchaus dankbar. Im weiterführenden Schulbereich ab Klasse 5 würde ich es nicht mehr empfehlen, dass Eltern ihre Kinder begleiten. Ältere Schüler in höheren Klassen würden Eltern als Kontrollperson empfinden und das begleitete Kind eventuell mobben („Jetzt haben wir dir zu verdanken, dass deine Mutter ewig hinter uns her ist und aufpasst!“).

In jeder Situation muss von Fall zu Fall neu entschieden werden. Es gibt kein Patentrezept. Eltern müssen auf die Schule zugehen, die Schule muss die Eltern mit einbinden und auf sie zugehen. Muslimische Lebensweise passt sehr wohl zum deutschen Schulsystem, deutsches Schulleben stellt keinen Widerspruch zum Einhalten islamischer Gewohnheiten dar. Beide Seiten müssen nur miteinander reden und die jeweilige Situation darstellen.