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Montag, 25.11.2019


Gabriella De Mitri-Eljojo

Nürnberger Tage für Migration

Beitrag zur Veranstaltung vom 21. – 22. November 2019

Dr. Sommer, Präsident des BAMFs, eröffnete die Konferenz mit einem Grußwort. Er gab einen kurzen Rückblick auf die vergangenen Nürnberger Tage mit Beginn im Jahr 2009. Er sagte eine wichtige Aufgabe des BAMFs sei auch Gespräche über dessen Arbeitsbereiche mit verschiedenen Akteuren zu führen. Die Gäste der Konferenz liefern daher ein großes Potential und der Austausch sei der Kern dieser Tage. Heute sei die zentrale Frage die, wie die Migration nach Deutschland auf die verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen wirkt und wie Migration und Integration gestaltet werden müssen, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt nicht zu gefährden.

Nach dem Beitrag von Dr. Sommer erhielten wir eine Einführung in das Thema „Geordnete Migration und gesellschaftlicher Zusammenhalt“ (Referent: Gerald Knaus, European Stability Initiative). Der Vortrag war sehr prägnant und eindrucksvoll. Der Referent sprach über das Scheitern der Europäischen Union und wie keine Grenze der Welt so tödlich wie die Außengrenze  Europas war: bis 2013 geschahen 14.000 Tode im Mittelmeer, 2013-2019 stieg die Anzahl auf 17.500. Dies seien „Zahlen wie in einem Krieg“. Die europäische Bevölkerung spürt Empathie zu den Migranten, verlangt aber Kontrolle und Sicherheit. Deshalb nannte er als Lösungsvorschlag eine Erleichterung des Verfahrens für diejenigen, die wirklich Schutz brauchen. Gleichzeitig sollten die, die keinen Schutz brauchen nicht irregulär reisen. Er verlangt folgendes: Mehr Zusammenarbeit der Behörden, mehr Rückführungsrealismus, Abschiebungsrealismus, schnelle Asylentscheidungen im Asylverfahrens, legale Migration fördern, den Ländern vor Ort großzügig helfen und allgemein mehr Bereitschaft von Seiten der EU zu helfen. Diesbezüglich erwähnte er, dass im Jahr 2019 um die 140.000 Flüchtlingskinder in der Türkei auf die Welt gekommen sind und sich momentan auf der Insel Lesbos 36.000 Flüchtlinge befinden, denen geholfen werden soll.

Daraufhin folgte der Beitrag von Prof. Dr. Petra Bendel über: “Strukturelle Erfordernisse für geordnete Migration“. Sie war sehr kritisch der Politik gegenüber, sie sprach von falschem Alarmieren. Oft werden Motive und Wege der Migration verschleiert und Zusammenhänge seien viel Komplexer als in der Presse geschildert. Auch Populismus käme oft in der Gesellschaft und in der Politik vor. Tatsächlich sind Industriestaaten auf Zuwanderung angewiesen, jedoch wird der Eindruck vermittelt, dass die Migration die Sicherheit gefährdet. Als Lösungsmöglichkeiten nannte sie unter anderem: kompetente Koordinationszentren der EU, innovative Zugangswege zum Arbeitsmarkt, Erleichterung der Zeugnisanerkennung und rasche Evakuierung von Migranten aus Griechenland.

Als Letzte sprach Frau Staatssekretärin Serap Güler (Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration in NRW) über: „Integration, gesellschaftlicher Zusammenhalt und Heimat“. Ihre Rede war sehr offen und auch von persönlichen Erfahrungen bereichert. Es sei notwendig die Integrationskurse für diejenigen, die keine Bleibeperspektive haben oder für Geduldete, zu öffnen. Zur Deutschen Identität gehört Diversität. Interkulturelle Öffnung durch kommunale Integrationsstellen und Migrationsmanagment durch Kooperation mit Akteuren, die täglich mit Migranten zu tun haben, sei notwendig.

Nach den vier Vorträgen einschließlich der Fragerunde gingen wir hungrig in die Mittagspause. Während der Pause durfte man einen Rundgang durch vier Stationen machen, sogenannte Gallery Walks. An jeder Station hatte man die Möglichkeit eine kurze Beschreibung und Erläuterung durch die BAMF-Zuständigen über die vier folgenden Themen zu erhalten: 1. Qualitätsmanagment, 2. Integrationskurse, 3. Diversity-Managment, 4. Asylverfahrensberatung im Bundesamt. Für Essen war auch an den Stationen gesorgt. Am Nachmittag durften alle Gäste die gewählten Workshops besuchen. Ich wählte am ersten Tag: „Qualität contra Quantität: Asylverfahren in Spannungsfeld der Erwartungen“. Wir erhielten Informationen über die Historie der Qualitätssicherung bei BAMF, über das Informationszentrum IZAM und über die Ziele des Gesamtprozesses.


BAMF Präsident Dr. Sommer


Am Ende des Tages fand eine Podiumsdiskussion zum Thema „Heimat“ statt. Die Beiträge waren unterschiedlich und die Diskussion sehr lebendig. Folgende Punkte kamen heraus: Man kann mehrere Heimaten haben. Heimat ist nicht nur Blut und Boden, sondern ist von den sozialen Beziehungen abhängig. Die Sprache gehört dazu, reicht aber nicht aus. Heimat hat mit der sozialen, emotionalen, kulturellen, territorialen Ebene zu tun. Aber Heimat kann auch einfach die eigene, persönliche Identität sein oder der Ort, an dem wir das Gefühl haben verstanden zu werden. Eine große Herausforderung steckt in der Frage: „Was muss die deutsche Gesellschaft verändern, damit alle Menschen sich zugehörig fühlen?“. Die Menschen brauchen mehr Zusammenhalt und müssen die Werte der anderen als Chancen und nicht als Risiken wahrnehmen. An dieser Stelle muss die Politik den Willen zeigen, indem sie zwischenmenschliches Vertrauen als Ressource anerkennt, Inklusion betreibt, die Menschen gegen Extremismus stärkt und Infrastrukturen schafft. Diskriminierung muss abgeschafft werden, damit Integration stattfinden kann.

Der zweite Tag begann mit einer Einführung vom BAMF Vizepräsidenten Dr. Markus Richter. Er unterstrich, dass Berührungspunkte und Begegnung die Angst vor Fremden nehmen. Integrationskurse seien Orte der Integration und das Bundesamt schafft Transparenz durch Qualitätskontrolle. Auch im Bereich Registrierung der Flüchtlinge und Asylverfahren seien gute Systeme und Kontrolle an der ersten Stelle.

Danach folgte ein Impuls durch Carsten Simon, Leiter der Frontex EU Agentur, über: „Migrationsfrühwarnsysteme“. Diesen Vortrag fand ich sehr gelungen, da Herr Simon genau auf den Punkt bringen konnte, was die aktuelle Situation der Außengrenze Europas ist. Darüber hinaus erklärte er, dass die Aufgaben der Agentur die Küstenwache und das Migrationsmanagment sind sowie europäische Belange mit den Anliegen der einzelnen Länder zusammen zu bringen. Die Effizienz der Frontex Agentur im Einsatz ist in der letzten Zeit enorm verstärkt worden.

Nach dem Vortrag gingen wir zu den Workshops. Ich besuchte einen über die Orientierungskurse. Ich musste feststellen, dass die Planung trotz bester Bemühungen oft nicht die erwünschten Ergebnisse liefert. Ich denke, dass eine engere Zusammenarbeit und Austausch zwischen Entscheidungsgremien und Akteuren aus dem Bereich unbedingt notwendig ist.

Insgesamt waren die zwei Tage sehr reich an Informationen, insbesondere schätze ich die Möglichkeit mit Menschen sprechen zu können, die Konzepte ins Leben rufen, wonach wir uns zu richten haben. Die Möglichkeit nach den Motiven und Zielen, die sie bewegt haben zu fragen, zu loben aber auch Kritik zu üben. Die Vorträge waren interessant, die Workshops hätten auch etwas mehr praxisorientiert sein können.

Die Organisation war sehr bemüht und die Betreuung der Gäste effizient und freundlich.

Beitrag von Gabriella De Mitri-Eljojo (siehe Foto)