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Mittwoch, 16.11.2016


Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration Staatsministerin Aydan Özoguz (links) und (rechts) Bundeskanzlerin Angela Merkel

9. Integrationsgipfel im Bundeskanzleramt: Teilhabe statt Ausgrenzung

Initiative für einen Nationalen Rat und Strategien zum Zusammenhalt der Gesellschaft - ZMD wirkt am Bundespapier mit

Zum 9. Mal hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Vertretern der Länder, von Verbänden und der Wirtschaft über die Integration von Zugewanderten und Flüchtlingen beraten. Bei dem Integrationsgipfel soll es um «Teilhabe durch bürgerschaftliches Engagement» und «Zugehörigkeit in der Einwanderungsgesellschaft»
gehen. Anschließend hat Merkel den Gipfel als "sehr ermutigendes" Treffen gelobt. Doch sie wisse auch, dass es noch viel zu tun gebe.

Zu Beginn des Treffens hatte die Kanzlerin alle Teilnehmer zu einem offenen Austausch aufgerufen.  Es gebe eine große Offenheit und viel Engagement bei den Migrantenorganisationen. Sowie den Willen der Migranten, am Arbeitsleben, der Gesellschaft und in der Politik teilzuhaben, sagte Merkel nach dem Treffen am Montag in Berlin.

Eine misslungene Integration könne jahrzehntelange Folgen für die gesamte Bevölkerung haben. "Wir lernen aus den Fehlern der Vergangenheit", so die Kanzlerin. Merkel bezeichnete das Erlernen der Sprache als Schlüssel für die Integration; zur Teilhabe an der Gesellschaft gehöre aber mehr. Die Kanzlerin betonte, dass die Achtung des Grundgesetzes, des Wertefundaments, grundlegend sei für ein gelungenes Miteinander in Deutschland.

Die Kanzlerin erinnerte an die 890.000 Asylsuchenden, die im vergangenen Jahr nach Deutschland gekommen seien. Dabei habe im Umgang mit den Schutzsuchenden "der Respekt vor der Würde jedes einzelnen Menschen" stets im Vordergrund gestanden. Die Bundesregierung wolle aber den Menschen bereits in ihrer Heimat helfen. Hierfür seien im Bundeshaushalt 2017 deutlich mehr Mittel vorgesehen als bislang.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz ( SPD ), betonte nach dem Treffen, dass sich Deutschland "endlich als Einwanderungsland" verstehe. Dennoch hätten viele Menschen mit Migrationshintergrund weiterhin das Gefühl, nicht ganz dazu zu gehören. Dieses Zugehörigkeitsgefühl sei aber für den gesellschaftlichen Zusammenhalt entscheidend.

Özoguz verwies auf strukturelle Hindernisse. Noch immer entscheide zu oft die soziale Herkunft über den Bildungserfolg. Der Migrationshintergrund könne bei einer Bewerbung zum Nachteil werden. Hier seien anonymisierte Bewerbungsverfahren eventuell ein erster Schritt zur Chancengleichheit. Ebenso gebe es im Bereich der politischen Partizipation Nachholbedarf. Die Integrationsbeauftragte lobte, dass die Migrantenverbände selbst Vorschläge für eine bessere Teilhabe ausgearbeitet hatten.

Vor dem Integrationsgipfel in Berlin haben 50 Migrantenorganisationen mehr Teilhabe an der Gesellschaft gefordert. Dazu legten sie am Freitag in Berlin ein «Impulspapier» mit zahlreichen Forderungen vor. Sie wollen sie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag übergeben. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes schloss sich der Forderung nach mehr Engagement für die Vielfalt in Deutschland an.

Die Migrantenvertreter verlangen eine Änderung des Grundgesetzes. Der Gesetzgeber solle als weitere Staatsziele festschreiben, dass die Bundesrepublik ein «vielfältiges Einwanderungsland» sei und gleichberechtigte Teilhabe, Chancengerechtigkeit und Integration fördere, heißt es in dem Papier.

Zudem dringen die Vertreter auf ein Bundespartizipations- und Integrationsgesetz, die Einführung eines Nationalen Rates zur interkulturellen Öffnung und die gesetzliche Verankerung des Diskriminierungsschutzes. So sollen etwa Politiker auf Bundesebene die Antidiskriminierungsstelle in Gesetzesvorhaben einbeziehen.

Zu den wesentlichen Zielen der Initiative gehören «Strategien zur interkulturellen Öffnung» in Organisationen und Institutionen, die
professionelle Einbindung von Migrantenorganisationen bei öffentlichen Entscheidungen sowie ein höherer Anteil von Menschen mit Einwanderungsgeschichte in Entscheidungsfunktionen und der Abbau von Diskriminierung durch Firmen und Behörden.

Die Verbände beklagen, dass sie politisch nicht hinreichend repräsentiert seien. So habe etwa jeder fünfte Deutsche eine Einwanderungsgeschichte, ihr Anteil unter den Bundestagsabgeordneten betrage aber nur fünf Prozent. Zu den Unterzeichnern gehören Dachverbände wie der Zentralrat der Muslime, der Kroatische Weltkongress oder The African Network of Germany sowie zahlreiche Netzwerke.

De Antidisikriminierungsbeauftragte des Bundes, Christine Lüders, nannte den Vorschlag, die Förderung von Vielfalt im Grundgesetz zu verankern, «sehr klug». Der Staat könne generell mehr tun, um Migranten zu fördern. «Dazu gehören auch mehr Menschen mit Migrationshintergrund in die Verwaltungen», ergänzte Lüders.

Hier finden Sie das vollständige Impulspapier, unterschrieben von verschiedenen Organisationen und Vereinen:
Impulspapier-MigrantInnenorganisationen-zur-Teilhabe-in-der-Einwanderungsgesellschaft-2016