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Mittwoch, 26.10.2016


Studie stellt fest: Mehr als zwei Drittel der Bayern lehnen Muslime und Flüchtlinge ab

"Wenn die Menschen nicht mehr den Eindruck hätten, dass es in Deutschland sozial gerecht zugehe, suchen sie sich Feindbilder.", sagte der bayerische DGB-Chef Matthias Jena.

Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist in Bayern ein verbreitetes Phänomen. Erstmals wurde dazu am Montag eine Studie Münchner Soziologen präsentiert. Insbesondere Muslime, Langzeitarbeitslose, Sinti und Roma sowie Flüchtlinge würden von vielen abgewertet, erläuterte Christian Ganser vom Institut für Soziologie der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU). Eine feindliche Einstellung gegenüber Ausländern allgemein und klassischer Rassismus fänden dagegen kaum Zustimmung. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sei höher bei Menschen, die sich stark mit Deutschland identifizierten und politischen Institutionen wenig vertrauten.

Der Studie zufolge steht jeder fünfte Bayer Muslimen stark ablehnend gegenüber. Ein weiteres gutes Drittel zeigt eine mittlere Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit gegenüber Anhängern des Islam. Nur elf Prozent äußerten keinerlei Vorbehalte. Mehr als ein Drittel der Befragten lehnen Sinti und Roma sowie Arbeitslose mittel oder stark ab, bei Flüchtlingen auch fast ein Drittel. Je höher der Bildungsgrad, desto geringer falle das Ausmaß der Ablehnung aus, ermittelten die Sozialwissenschaftler. Weil Akademiker unter den Befragten überrepräsentiert seien, sei bei der Gesamtbevölkerung mit noch höheren Ablehnungswerten zu rechnen.

Für die Studie wurden im Frühjahr 2016 Menschen in 1.731 Haushalten befragt. Untersucht wurden der Antisemitismus, die Abwertung Homosexueller, Langzeitarbeitsloser, Ausländer und Muslime sowie die Themen Antiziganismus, klassischer Rassismus und die Einstellung gegenüber Flüchtlingen. Die Arbeit wurde gefördert durch den DGB, den Bayerischen Jugendring (BJR), die Kirchen, die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung sowie die Stadt München, für die bereits 2013 eine solche Erhebung durchgeführt worden war, die zu ähnlichen Ergebnissen kam.

BJR-Präsident Matthias Fack erklärte, die Studie spiegle «leider durchaus die Erfahrungen wider», die im bayernweit koordinierten Kampf gegen Rechtsextremismus und der Flüchtlingsarbeit gemacht  würden. Die Angebote für mehr Respekt und Toleranz, gegen Diskriminierung und Angriffe auf die Demokratie müssten auf dieser wissenschaftlichen Basis weiterentwickelt werden.

Der bayerische DGB-Chef Matthias Jena sagte, wenn die Menschen nicht mehr den Eindruck hätten, dass es in Deutschland sozial gerecht zugehe, suchten sie sich Feindbilder. Der gemeinsame Einsatz für Mitbestimmung, gerechte Löhne, sichere Renten und eine Absicherung bei Arbeitslosigkeit und Krankheit sei daher ein wesentlicher Schlüssel zur Bekämpfung Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.

Martin Schneider vom Münchner Diözesanrat der Katholiken sagte, man nehme das Ergebnis sehr ernst. «Aus Angst um die eigene Identität andere abzuwerten, ist nicht christlich. Wenn gegen Fremde gehetzt wird, dann wird gegen Jesus gehetzt.» Erschreckend seien nicht zuletzt die hohe Feindseligkeit gegenüber Muslimen. Um Ängste und Vorurteile abzubauen, müsse der interreligiöse Dialog verstärkt werden.