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Freitag, 07.10.2016

Die Menschenrechte stehen auf dem Spiel

UN-Hochkommissar für Menschenrechte zeigt sich alarmiert, Vorurteilen und «toxischen Narrativen» muss entgegengewirkt werden

Berlin. Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Prinz Said Raad
al-Hussein, hat sich angesichts einer «Schockwelle» der
Fremdenfeindlichkeit, des Hasses und der religiösen Diskriminierung
in vielen Ländern der Welt alarmiert gezeigt. Das «Gespenst des
Hasses» gehe selbst in wohlhabenden Nationen um, beklagte Al-Hussein
am Donnerstag in Berlin. Er äußerte sich bei einer Festveranstaltung
zu «50 Jahre UN-Menschenrechtspakte» im Außenamt. Die beiden
zentralen UN-Pakte zu den zivilen und sozialen Menschenrechten wurden
am 16. Dezember 1966 in der UN-Generalversammlung angenommen und
traten zehn Jahre später in Kraft.  

Es gebe einen Trend zur Abgrenzung gegenüber bestimmten Gruppen,
kritisierte Al-Hussein. Dies sei eine «zutiefst verstörende
Entwicklung». Er rief dazu auf, die Menschenrechtsprinzipien zu
verteidigen, bevor sie erodierten. Wesentlich sei dabei die Umsetzung
der Rechte vor Ort. In vielen Ländern finde die Anerkennung nur noch
ritualhaft statt.

Nachdrücklich forderte der UN-Kommissar die Achtung der
Menschenrechte von Migranten. Das gelte besonders für muslimische
Flüchtlinge. Hier gelte es, Vorurteilen und «toxischen Narrativen»
entgegenzuwirken. Als Beispiel nannte er die Ansicht, dass sich
muslimische Migranten angeblich nicht in Europa integrieren könnten.
Er lobte die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel
(CDU) als beispielhaft.

Als besondere Herausforderung nannte er ferner die Umsetzung der
sozialen Rechte und den Kampf gegen Hunger und Ungleichheit. Hier
seien die Staaten rechenschaftspflichtig. Zugleich trügen aber auch
globale Unternehmen Verantwortung.  

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) beklagte ein
«Wiederaufflammen von Hass und Gewalt» infolge der
Flüchtlingsaufnahme: «Dieser Entwicklung müssen wir uns klar
entgegenstellen.» Auch er warnte vor einer Erosion der
Menschenrechte. So versuchten selbst Staaten innerhalb der OSZE die
Reichweite der Menschenrechte wieder einzuschränken. Dies geschehe
etwa durch besondere Gesetze gegen Nichtregierungsorganisationen oder
durch staatliche Repression. Die große Errungenschaft der
Menschenrechte, auf die sich die Weltgemeinschaft nach den
Weltkriegen geeinigt habe, seien aber nicht verhandelbar.

Nach den Worten von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sind die
Übereinkommen «Ausdruck der gemeinsamen Überzeugung der
Mitgliedstaaten, dass die Weltgemeinschaft einen globalen Werterahmen
braucht». Die Rechte seien keine Selbstverständlichkeiten, sondern
Errungenschaften, die bewahrt werden müssten.

Angesichts populistischer Strömungen rief die Direktorin des
Deutschen Menschenrechtsinstituts, Beate Rudolf, zu einem
selbstbewussten Bekenntnis zu den Menschenrechten auf. Derartige
Strömungen in Deutschland und Europa negierten mit ihren politischen
Forderungen die Rechte aller Menschen auf Schutz, menschenwürdiges
Wohnen und volle Teilhabe in der Gesellschaft.