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Montag, 15.08.2016


Quelle: unicef.de

Politik ohne Angst-Ansatz

Von Staatsbürgerschaften für Flüchtlingsneugeborene bis zum Burkaverbot - die Themen der Deutschen Innenpolitik

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat für eine bessere Integration von Flüchtlingen eine Reform des Staatsbürgerrechts gefordert. Flüchtlingskinder, die in Deutschland geboren würden, sollten die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, sagte Ramelow in einem Interview mit MDR Thüringen.

Ein Verbot der doppelten Staatsbürgerschaft, wie von einigen CDU-Politikern gefordert, halte er für falsch. Auch der Forderung nach einem Burka-Verbot könne er nichts abgewinnen. Er könne sich nicht erinnern, in Thüringen jemals eine Person mit Vollverschleierung gesehen zu haben. Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD), unterstrich diese Aussage in seiner Stellungnahme ebenfalls. Er kritisierte am Samstag im rbb eine «Burkaisierung der Innenpolitik», die er wahrnehme.  In Deutschland seien kaum Frauen vollverschleiert unterwegs, ergänzte Mazyek - und ließ sich in dieser Frage auch auf eine Wette ein: «Einen Kasten Ayran, dass niemand hier in Deutschland mehr als fünf Burkaträgerinnen insgesamt auffindet», sagte er dem Sender. Ayran ist ein beliebtes joghurthaltiges Erfrischungsgetränk. 

Wie viele Frauen tatsächlich in Deutschland von einem Burka-Verbot betroffen wären, ist bisher nicht bekannt. Die Art der Verschleierung wird nirgendwo statistisch erfasst. Mazyek ist jedoch davopn überzeugt, dass es nur sehr wenige Frauen in Deutschland gibt, die in entsprechender Vollverschleierung auf die Straße gehen.

Wenn es nach dem Bundesinnenminister jedoch ginge, wäre es schon längst beschlossene Sache. Doch seine Absage an ein Burka-Verbot hat die Diskussionen eher weiter angeheizt. «Man kann nicht alles verbieten, was einem nicht gefällt». Mit diesem Satz hätte Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) wohl gern schon am Donnerstag einen Schlussstrich unter die Debatte über ein mögliches Burka-Verbot gezogen. Dies sei verfassungsrechtlich fragwürdig - und außerdem gebe es sicher wichtigere Themen in der Sicherheitspolitik. Letzteres sagte der Minister zwar nicht; doch seine Schwerpunktsetzung bei der Präsentation legt diese Lesart zumindest nahe.

Das mehr oder weniger deutliche Basta bei der Burka hat die Diskussion über die Vollverschleierung allerdings eher angeheizt als abgewürgt. Am Wochenende erneuerte de Maiziere selbst im «Tagesspiegel» seine Absage. Er habe mit vielen Verfassungsrechtlern gesprochen; der Großteil halte ein allgemeines Verbot für nicht verfassungsgemäß.

Rückendeckung erhielt der Minister von den unterschiedlichsten Seiten: Selbst Bundespräsident Joachim Gauck gab im ZDF die präsidiale Zurückhaltung in tagespolitischen Fragen auf und sagte, mit de Maizieres Kurs könne er gut leben. Man müsse immer genau hinschauen, woher eine Bedrohung komme und ob sie die Einschränkung bürgerlicher Freiheiten rechtfertige.

SPD-Chef Sigmar Gabriel betonte im Deutschlandfunk, er sei froh, dass de Maiziere «diesen Überbietungswettbewerb mit Symbolthemen wie Burka-Verbot» nicht mitmache. «Ich persönlich finde die Burka auch schrecklich», ergänzte er. Aber ein Verbot würde «Frauen nur aus dem öffentlichen Raum heraus verdrängen; die dürften dann ihr Zuhause nicht mehr verlassen. Und es hilft uns auch nicht im Kampf gegen Terror.»