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Montag, 19.10.2015


Historische Rede des diesjährigen muslimischen Friedenspreisträgers Navid Kermani

ZMD: 20 Jahre nach der großen Annemarie Schimmel, welche als Friedenspreisträgerin damals viel Aufsehen, bisweilen auch Proteste hervorrief, ist diese Preisverleihung nun auch festlicher Ausdruck eines Deutschlands der neuen Vielfalt - Gebet am Ende seiner Rede in der Paulskirche

Der deutsch-iranische Schriftsteller und Orientalist Navid Kermani hat am Sonntag in Frankfurt den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten. In einer eindringlichen Rede appellierte der 47-Jährige an die internationale Gemeinschaft, den Krieg in Syrien und dem Irak zu beenden.

"Darf ein Friedenspreisträger zum Krieg aufrufen?", fragte er die fast tausend Besucher in der Frankfurter Paulskirche rhetorisch. Und stellte klar, er rufe nicht zum Krieg auf, verlange aber ein weit entschlosseneres diplomatisches und zivilgesellschaftlich Handeln, möglicherweise seien auch militärische Schritte notwendig.   "Erst wenn unsere Gesellschaften den Irrsinn nicht länger akzeptieren, werden sich auch die Regierungen bewegen", sagte Kermani, der als Sohn iranischer Einwanderer in Siegen geboren ist und heute in Köln lebt. Der Krieg könne nur von den Mächten beendet werden, die hinter den verfeindeten Armeen und Milizen stehen. Dazu gehörten der Iran, die Türkei, die Golfstaaten, Russland und der Westen.

Die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) mit ihren maximal 30.000 Kämpfern könne besiegt werden, sagte Kermani, auch wenn dabei Fehler gemacht würden. "Aber den größten Fehler begehen wir, wenn wir weiterhin nichts oder so wenig gegen den Massenmord vor unserer europäischen Haustür tun." Verantwortlich machte er sowohl den IS als auch das Assad-Regime. Kermani bezeichnete es als beglückend, dass sich vor allem in Deutschland so viele Menschen für Flüchtlinge einsetzten. Er forderte aber zugleich eine Debatte über die Ursachen des Terrors und der Fluchtbewegung. Dazu gehöre auch die Frage, wie die Politik in Deutschland die Katastrophe "vor unseren Grenzen" befördert hat.  





Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrates der Muslime in Deutschland, der sich auch unter den Ehrengästen befand, sagte dazu gestern der dpa: „Höchste Gratulation für den Preisträger des Friedenspreises des dt. Buchhandels. Navid Kermani zeigt uns: Dialog ist gut. Dialog ist anstrengend. Dialog macht stark. Der Islamwissenschaftler Kermani hat diesen Weg des unermüdlichen Einsatzes zur Versöhnung der Religionen und Kulturen literarisch und intellektuell in seinem Schaffen aufbereitet. 20 Jahre nach der großen Annemarie Schimmel, welche als Friedenspreisträgerin damals viel Aufsehen, bisweilen auch Proteste hervorrief, ist diese Preisverleihung nun auch festlicher Ausdruck eines Deutschlands der neuen Vielfalt.“  

Kermani sei eine der wichtigsten Stimmen in der heutigen Gesellschaft, wenn es um das friedliche Miteinander von Menschen unterschiedlichster nationaler und religiöser Herkunft gehe, hieß es in der Begründung für die Auszeichnung  

Hier Kermanis vielbeachtete Rede im Video:

Zum Ende der Rede: Aufruf zum Gebet:

Die Gäste in der Paulskirche, stehend, schweigend, in stiller Andacht: Friedenspreisträger Navid Kermani setzte heute beim Festakt in Frankfurt ein ganz besonderes Zeichen nach seiner Rede. Nach seiner Dankesrede wünschte er sich keinen Applaus, sondern ein gemeinsames Gebet für die Menschen in Syrien und im Irak - damit wir den Snuffvideos der Terroristen und Dikaturen in der Welr ein Bild unserer Brüderlichkeit entgegenhalten.