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Montag, 24.08.2015

„Aufschrei“ gegen Angriffe auf Flüchtlinge und Moscheen

ZMD fordert von Politikern mehr Sensibilität in der Asyl-Debatte und klare Haltung gegen den „rassistischem Terror"

Angesichts der steigenden Zahl von Angriffen auf Flüchtlingsheime und Moscheen - jüngsst in Delmhorst (2. Anschöag auf Moschee innerhlab eines Jahres) und den extremistischen Ausschreitungen in Heidenua und Freital (Sachsen) hat der Zentralrat der Muslime deutsche Politiker zu mehr Sensibilität in der Asyl-Debatte aufgerufen. In einem Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag) sagte der Vorsitzende Aiman Mazyek: „In der aufgeheizten Diskussion ist es geboten, sachlich zu bleiben und nicht durch Stammtischparolen ein Klima der Feindseligkeit zu fördern.“

Er sehe die Gefahr, dass durch Verallgemeinerungen mit Blick auf Flüchtlinge Vorurteile geschürt und Radikale bestärkt würden, sagte Mazyek. Zugleich forderte er die deutschen Spitzenpolitiker auf, es unzweifelhaft und vernehmlich zu verurteilen, wenn Flüchtlingsunterkünfte angegriffen würden. „Hier fehlt mir bisher der Aufschrei“, kritisierte der Zentralrats-Vorsitzende.

Auch die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl forderte, Bevölkerung und Politiker müssten angesichts der Übergriffe klarer Position beziehen. Geschäftsführer Günter Burkhardt sagte der Zeitung: „Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte sind rassistischer Terror, aber bislang werden sie gesellschaftlich noch nicht als solcher wahrgenommen.“ Politiker müssten achtgeben, dass sie in der Asyl-Debatte keine Vorurteile bedienten und damit eine Stimmung erzeugten, die Rechten Auftrieb gebe. Zugleich mahnte er eine konsequente Strafverfolgung nach Angriffen auf Flüchtlinge an.

Burkhardt kritisierte die Aussage von Bundesinnenminister Thomas de Maizière, die erwarteten 800.000 Flüchtlinge bis Jahresende seien auf Dauer zu viele. Der Pro-Asyl-Chef hält dagegen: „Angesichts der Flüchtlingskatastrophe vor Europas Grenzen gibt es keine Handlungsalternative.“ Er betonte: „Die Grenzen zu schließen und die Menschen zurückzuschicken in lebensgefährliche Situationen – das ist keine Option in einem Europa, in dem die Menschenrechte gelten.“ Deshalb müsse sich Deutschland der Herausforderung stellen.
Fehlverhalten Europas im Arabischen Frühling – „Geopolitische Kurzsichtigkeit“

Für die derzeitige Flüchtlingskrise macht der Zentralrat der Muslime auch die bisherige geopolitische Kurzsichtigkeit Europas verantwortlich. In einem Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Freitag) sagte der Zentralrats-Vorsitzende Aiman Mazyek: „Die Europäische Union zahlt nun die Zeche für ihre fehlerhafte und zögerliche Politik während des Arabischen Frühlings in Nordafrika und Nahost.“

Während der Umbrüche in der arabischen Welt vor vier Jahren hätte es einen „Marschallplan für den Nahen Osten“ zur politischen und wirtschaftlichen Unterstützung der betroffenen Länder gebraucht, sagte Mazyek. Stattdessen seien die Staaten sich selbst überlassen worden. Dies räche sich nun, betonte der Zentralrats-Vorsitzende mit Blick auf Konfliktländer wie Syrien, Libyen oder Ägypten. „Für Europa erwächst daraus die Verantwortung, sich nicht vor denjenigen zu verschließen, die nun aus der Krisenregion fliehen“, sagte Mazyek. Neue Osnabrücker Zeitung