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Leserbriefe

Montag, 13.09.2004



Malik Özkan: Bundespräsident fordert von deutschen Muslimen Distanz zum Terror. Muslime fordern von der Bundesregierung "Distanz zu Putin" schrieb:


Bundespräsident fordert von deutschen Muslimen Distanz zum Terror. Muslime fordern von der Bundesregierung "Distanz zu Putin". Von Malik Özkan

In Deutschland ist eine Debatte um das Verhältnis der Muslime zum "Terrorismus" entbrannt. In verschiedenen Stellungnahmen hatten die Verbände der Muslime sich gegen den Eindruck verwahrt, die Muslime in Deutschland hätten sich etwa nicht eindeutig genug vom Terrorismus distanziert. Viele Muslime bedauern auch den vernachlässigten Umstand, dass Muslime nach wie vor kaum direkten Zugang zu Massenmedien in Deutschland haben. "Wie sollen wir mobilisieren und Öffentlichkeit schaffen, wenn wir gleichzeitig in den Medien als sogenannte Islamisten unmöglich gemacht werden" heißt es aus den Verbänden. Nach wie vor ist es gesellschaftlich akzeptiert, dass Massenmörder und muslimische Funktionsträger unter dem Sammelbegriff "Islamisten" zusammengefasst werden. Diese Stigmatisierung von "öffentlichen" Muslimen in der Gesellschaft spiele letztlich auch den radikal-ausländerfeindlichen Parteien wie der NPD zu.

Auch Bundespräsident Horst Köhler hat an die Muslime in Deutschland appelliert, sich eindeutig vom islamistischen Terror zu distanzieren. «Ich wäre froh, wenn die Muslime in Deutschland geschlossen ihre Stimme erheben würden», sagte Köhler dem Nachrichtenmagazin «Focus». Sie hätten jetzt die Chance, «Missverständnisse auszuräumen, indem sie sich sichtbar vom Terror abgrenzen.» Zugleich warnte Köhler aber vor Hysterie im Umgang mit muslimischen Mitbürgern. «Es darf nicht so weit kommen, dass wir guten Bürgern und Steuerzahlern unterstellen, sie seien Sympathisanten oder gar selbst Terroristen, nur weil sie nicht Christen sind.»

Der Bundespräsident empfahl ein härteres Vorgehen gegen "Hassprediger", deren Wirken in Deutschland seit langem bekannt sei. Hier sei ein Kurswechsel erforderlich: «Wir haben nicht immer die Kraft gehabt, unsere eigenen Werte im eigenen Land couragiert zu verteidigen. Das sollte sich ändern», so Köhler weiter. «Natürlich können wir Religionslehrer aus Ägypten oder der Türkei haben, aber nur unter der Verpflichtung, nicht gegen unser Grundgesetz zu arbeiten und keine aggressive Lehre zu verbreiten.»

Abu Bakr Rieger und seine Organisation Muslim Lawyers forderte die islamische Lehre auf, klar zu begründen, dass der Begriff des "islamischen Terrorismus" so falsch ist wie die Annahme eines "jüdischen" oder "christlichen" Terrorismus. "Der Islam", so Rieger, "erlaubt weder Terrorismus noch Selbstmordattentate". Daher könne man nur - zumindest wenn man den Islam nicht in seinem Ruf schädigen will - von muslimischem Terrorismus sprechen, nicht aber von "islamischem" Terrorismus. "Es wird Zeit", kommentierte Rechtsanwalt Rieger, "dass unsere Freitagsansprachen nicht wie zensierte Zeitungsartikel wirken, sondern hier auch islamisch klar argumentiert und gelehrt wird". Viele Muslime frügen sich, ob der moderne Terrorismus den Islam diskreditiere. Die Antwort sei Nein. Der Terrorismus diskreditiere bestimmte Muslime, nicht aber den Islam.

"Außerdem sind die absolute Mehrheit der Muslime klar auf Distanz zum Terrorismus, wenn auch die Muslime aus der Öffentlichkeit weitestgehend verbannt sind" meint Rieger. Außerdem müssen man die Bundesregierung ebenfalls auffordern, mehr Distanz zu Herrn Putin zu halten. "Warum frägt der Bundeskanzler Putin nicht zu seiner Haltung zum millionenfachen Terror der KGB, zum historischen Verhältnis der Dienste zu Stalin, zur Pressefreiheit, zu Massenvergewaltigungen und Morden in Tschetschenien? Kann die öffentlich zelebrierte Freundschaft zwischen den Politikern diese Antworten überstehen?" (Erveröffentlichnug:IZ)