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Samstag, 10.03.2012

Gedenkorte für die Neonazi-Opfer

Die Ombudsfrau für die Neonazi-Opfer, Barbara John, hat weitere, unbürokratische Hilfen für die Familienangehörigen der Getöteten gefordert

Vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages berichtete Die Ombudsfrau für die Neonazi-Opfer, Barbara John am Donnerstag, dass Familienmitglieder bis heute an früheren falschen Verdächtigungen durch die Polizei leiden. Die Beamten hätten sich damals sehr schnell dafür entschieden, die Ermittlungen in die Richtung Ausländerkriminalität zu führen. Daraufhin habe sich das soziale Umfeld der Familien abgewendet nach dem Motto, dass schon etwas dran sein werde an den Verdächtigungen. Den Neonazi-Terroristen werden Morde an neun Kleinunternehmern türkischer und griechischer Herkunft sowie an einer Polizistin vorgeworfen. Einige Kinder der Mordopfer hätten heute Probleme, ihr Studium zu finanzieren, berichtete John. Sie hätten das Studium nach den Mordfällen unterbrochen und bekämen heute kein Bafög mehr. In anderen Fällen bestehe die Gefahr, dass die vom Bund gezahlten Entschädigungssummen mit staatlichen Sozialleistungen, die die Familien beziehen, verrechnet würden. Auch wollten die Angehörigen einbezogen werden in die laufenden Ermittlungsergebnisse von Polizei und Staatsanwaltschaft. John kümmert sich nach eigenen Angaben um etwa 70 Opfer und Angehörige der Neonazi-Taten.



Die Angehörigen wünschten sich Gedenkorte, an dem sie trauern könnten und der an die Verbrechen erinnere, sagte John. Für die in Heilbronn ermordete Polizistin gibt es bereits eine Gedenktafel. In Kassel hat sich zwischenzeitlich die CDU gegen eine die Umbenennung der Hollandstrasse ausgesprochen. Anderswo gibt es zwar Absichtserklärungen Gedenkstätte für die Ermordeten zu errichten, bisher tat sich aber wenig.  «Sie möchten natürlich auch in einer Gesellschaft leben, die offen ist, die diskriminierungsfrei ist, die Rassismus nicht kennt.», sagte John. Einige hätten auch Ängste geäußert, weil sie selbst Fremdenfeindlichkeit zu spüren bekommen hätten. Auch das Wissen darum, dass tatsächlich Rechtsextremisten die Täter gewesen seien, sei für sie schwer zu ertragen. Es belaste sie, dass Neonazis aus reiner Mordlust Menschen hingerichtet hätten, nur weil diese aus einem anderen Land stammten.

Der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy (SPD) forderte die Länder auf, der Kommission die zugesagte Unterstützung zu gewähren. Vier Wochen nach dem Start habe sie noch keine einzige Akte bekommen. Kommissionsmitglied Ehrhart Körting (SPD) sagte, es seien Akten aus Thüringen und Sachsen angefordert worden. Bislang habe sich das Gremium mit den gesetzlichen Grundlagen der Verfassungsschutzbehörden befasst. «Aber jetzt muss ein bisschen Butter bei die Fische kommen», mahnte der frühere Berliner Innensenator.