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Donnerstag, 19.01.2012

Zentrum für Islamische Theologie in Tübingen eröffnet

Noch ein weiter Weg zur Pluralität – Warum die Zentren kein Ort der kritischen Distanz zum Islam werden können, wenn sie erfolgreich Studenten anwerben wollen

In Tübingen ist am Montag das Zentrum für Islamische Theologie eröffnet worden. An den insgesamt vier geplanten Zentren in Deutschland sollen islamische Religionslehrer ausgebildet werden. Z.Z werden 36 Studenten, darunter 23 Frauen und 13 Männer in Tübingen unterrichtet. Der Bund fördert das Zentrum zunächst für fünf Jahre mit insgesamt vier Millionen Euro. Zur Eröffnung nahm auch Bundesforschungsministerin Anette Schavan (CDU) teil.

Im ersten Semester steht für die Studenten vor allem Arabisch auf dem Plan. Zum Curriculum gehören auch Einführungen ins wissenschaftliche Arbeiten, in die islamische Theologie und in die Geschichte. Der international hoch angesehene und bisher einzige Professor des Zentrums Omar Hamdan hat mit seinem wissenschaftlichen Ansatz, wonach Gott als Verfasser des Korans nicht in Frage gestellt wird, jene Stellen enttäuscht, die sich durch solche Zentren kritische Distanz zum Islam erhofft haben.

Dass dies sowohl für die Imamausbildung als auch für den bekenntnisgebundenen Religionsunterricht völlig abwegig ist, aber nicht so gesehen wird, zeigen in Teilen die missverständlichen und bisweilen skurrilen Erwartungshaltungen in der Öffentlichkeit dem Thema gegenüber.

Bei den neu zu schaffenden Zentren geht es ja gerade nicht um Glaubensabschaffung, sondern um seine Vermittlung und zwar im Kontext der Hochschule und im Rahmen des wissenschaftlichen Erkenntnissprozesses. Ohnehin gibt es dafür die Jahrhundert gewachsene und mit zig Zentren versehene Orientalistik in Deutschland, die seit jeher dem Glauben des Islam kritisch gegenüber steht.

Noch nicht alle organsierten Muslime dabei

Auch wenn der Rektor der Universität Tübingen, Bernd Engler, stolz im Deutschlandfunk verkündet: Es gehe darum, den Islam in seiner ganzen Pluralität zu erfassen, so ist doch festzustellen, dass bisher nicht alle islamischen Religionsgemeinschaften am Tisch sitzen.

Im Beirat des Tübinger Islam-Zentrums sitzen neben Experten der Hochschule fünf Vertreter von Ditib, VIKZ und der Islamischen Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland (IGBD). Der Islamischen Religionsgemeinschaft Baden-Württemberg (IGBW) wird bisher weiter die Möglichkeit vorenthalten, im Beirat mitzumachen, da der Landesverfassungsschutz einen Extremismusvorbehalt über diese Gemeinschaft ausgesprochen hat. Immerhin vertritt der Verband neben den türkischen Muslimen auch den deutschen, arabischen und albanischen Teil der Muslime, ein gutes Drittel der organsierten Gläubigen im Land. Bernd Engler ist dennoch zuversichtlich, dass dieser Vorbehalt bald fallen gelassen wird. Solange aber dies nicht geschieht, und die Hochschule nicht alle Muslime einbindet, ist es noch eine lange Wegstrecke zur echten Pluralität und Integration. (Ammar Al-Kassar)