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Donnerstag, 11.08.2011

England: „Mein Sohn starb, weil er versucht hat,die Gemeinschaft zu verteidigen, in der er lebte"

Drei muslimische Männer wollten in Winson Green Geschäfte, Wohnungen und eine Moschee vor Plünderern schützen und wurden von ihnen totgefahren. Tarik Jahan "Held von Birmingham": Wie der trauernde Vater gegen den Hass kämpft

Der Vater Tarik Jahan musste mit ansehen, wie sein Sohn von Plünderern totgefahren wird. Anwohner und Nachbarn fordern Rache. Doch der trauernde Vater verhindert mit einem bewegenden Appell eine Eskalation der Gewalt.
Vater Tarik Jahan kann seine Tränen nur mit Mühe unterdrücken. Trauer vermischt sich mit Verzweiflung und Wut. Der kräftige, grauhaarige Einwanderer aus Südasien steht auf der Straße in Winson Green, einem armen Viertel in Birmingham. Er ist umringt von zornigen Nachbarn. Manche wollen Rache für den Mord an drei jungen Männern aus der Umgebung.

Der Vorfall, so sagt es die Polizei, habe sich an einer Tankstelle in der Innenstadt ereignet. Wenig später seien in der Nähe ein Auto sichergestellt und ein Mann festgenommen worden. Die Polizei leitete Ermittlungen wegen Mordes ein.

Jahans Sohn Harun wurde 21 Jahre alt. Der 30-jährige Shazad All und der ein Jahr ältere Abdul Musavir sterben ebenfalls neben ihm. Die Gruppe von muslimischen Männern wollten in Winson Green Geschäfte, Wohnungen und eine Moschee vor Plünderern schützen.

In der Nacht seien zunächst mehrere Autos an den Anwohnern vor den Geschäften vorbeigefahren, schildert ein Augenzeuge. Die Insassen der Fahrzeuge hätten die Anwohner dabei beschimpft. Eines der Autos habe dann umgedreht und sei "mit unglaublicher Geschwindigkeit" über den Bürgersteig gefahren. Es habe die Männer asiatischer Abstammung mitgerissen. Diese seien dabei durch die Luft geschleudert worden. "Sie standen am Rande der Straße und das Auto überfuhr sie einfach", schildert ein weiterer Mann.


"Ich habe versucht, meinen eigenen Sohn wiederzubeleben"

Jahan spricht bedächtig, aber mit fester Stimme: "Wer auch einen Sohn verlieren will, der soll jetzt vortreten." Jahan hält ein Foto seines Sohnes hoch, ein freundliches Lächeln auf einem klugen Gesicht.

"Ich habe versucht, meinen eigenen Sohn wiederzubeleben", berichtet Jahan. "Mein Gesicht war von Blut bedeckt, meine Hände waren voller Blut", schildert er das, was Premierminister David Cameron bei einem Blitzbesuch in Birmingham einen "wirklich schrecklichen Vorfall" nennt.

"Schwarze, Asiaten, Weiße", fährt Jahan fort, "leben alle im selben Viertel. Warum müssen wir uns gegenseitig töten?"
"Leute", sagt Jahan weiter, "ich will keine weiteren Leiden sehen, keine weiteren Verletzten. (...) Mein Sohn ist gestorben. Niemand von euch muss deshalb auch sterben." Und fügt hinzu: "Mein Sohn starb, weil er versucht hat, die Gemeinschaft zu verteidigen, in der er lebte. Wir sind alle Teil dieser Gemeinschaft. Also, bitte, geht nach Hause."

Der Appell zeigt Wirkung, die Menge beruhigt sich. Inzwischen wird Jahan in mehreren britischen Medien als "Held von Birmingham" gefeiert - auch vom britischen Labourchef Ed Miliband, der an diesem Donnerstag im Unterhaus den Einsatz des Mannes würdigte. "Er ist das Gesicht Großbritanniens, auf das wir stolz sind", so der Politiker.




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