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Mittwoch, 04.02.2009

Irak erlebte die friedlichsten Wahlen seit Jahren

Zeichen amerikanischer Entflechtung. Ist der Irak-Krieg bereits vorbei? – Der Schein trügt: Bürgerkrieg zwischen Volksgruppen befürchtet

Am Wochenende wurde unter Begleitung strengster Sicherheitsvorkehrungen in 14 von 18 irakischen Provinzen die 440 Mitglieder der Provinzräte gewählt. Zwar kam es zu vereinzelten Übergriffen – so wurden im nördlich gelegenen Tikrit Mörsergranaten auf Wahllokale abgefeuert. Dennoch erlebte der Irak die friedlichste Wahl seit dem Sturz des ehemaligen Präsidenten Saddam Hussein
Bei den Regionalwahlen im Irak haben ersten Trends zufolge säkulare Parteien hinzugewonnen, während religiöse Parteien Verluste erlitten. Allerdings gibt es noch keine offiziellen Zahlen.

In den schiitischen Regionen zeichnete sich Trendmeldungen zufolge eine Stärkung des Regierungslagers ab. Die Kandidaten, die die sogenannte Rechtsstaat-Koalition des Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki unterstützen, erzielten in der Hauptstadt Bagdad und den schiitischen Gebieten im Süden des Iraks offenbar besonders gute Ergebnisse.
Die sunnitische Partei von Vizepräsident Tarik al-Haschimi hat dagegen dem Vernehmen nach nur ein mittelmäßiges Ergebnis erzielt. Die Tageszeitung «Zaman» schrieb am Montag, in der westlichen Sunniten-Provinz Anbar habe die Liste von Scheich Ahmed Abu Rischa gesiegt. In der nördlichen Provinz Salaheddin, aus der Ex-Präsident Saddam Hussein stammte, soll die Nationale Dialogfront von Saleh al-Mutlak mehrere Sitze errungen haben. In der Provinz Mossul, in der Kurden und Araber um die Macht ringen, war nach irakischen Presseberichten das arabische Bündnis Hadba erfolgreich, das im Wahlkampf den Abzug kurdischer Kämpfer aus der Stadt Mossul gefordert hatte.

Ist das Irak-Drama beendet? Auf den ersten Blick befindet sich das arabische Land nach fast sechs Jahren Krieg auf dem Weg zu mehr Sicherheit und Stabilität: Regionalwahlen haben stattgefunden - ohne dass Bomben vor den Wahllokalen explodierten, kriminellen Banden, Selbstmordkommandos oder Entführer unterwegs sind.

Die Zeichen amerikanischer Entflechtung seien überall zu erkennen, schrieb die "New York Times" (NYT). So sei es in den Tagen vor den Provinzwahlen möglich gewesen, ungefährdet von der türkischen Grenze im Norden über Bagdad bis Basra im Süden zu fahren - und ohne auf einen einzigen amerikanischen Konvoi zu stoßen.

In den Augen der Amerikaner sei der Irak-Krieg bereits vorbei, schrieb die NYT. Dabei ist der Krieg keineswegs vorbei - in den Provinzen Niniveh und Diyala sowie um Bagdad herum toben Kämpfe zwischen Iraker und US-Truppen. Die Zahl der Todesopfer ist zwar weit unter die Höchststände der vergangenen Jahre gesunken - gab es 2007 nach Mitteilung der Nichtregierungsorganisation Iraq Body Count (IBC) noch bis zu 24 000 Tote und 2006 gar 27 000, so waren es 2008 knapp 9000 -, doch von einer friedlichen Zivilgesellschaft ist der Irak noch weit entfernt.

Die Viertel der Sunniten und Schiiten sind vielerorts Festungen. Der Abzug der Besatzungstruppen könnte eine Entwicklung zu einer stabilen Gesellschaft einläuten, glauben Optimisten. Pessimisten fürchten, der Bürgerkrieg zwischen den Volksgruppen. (Quellen: New York Times, Hamburger Abendblatt, Süddeutsche Zeitung,Zamam und Agenturberichte)