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Montag, 29.09.2003

„Der Spiegel“ denkt laut: Auch die Kirchen sollten durch die entsprechende Auslegung des „Kopftuchurteils“ bald auf ihre Rechte verzichten - Körperschaftsstatus in Gefahr?

Kopftuchurteil entfacht die Diskussion um die angeblich halbherzige Trennung von Kirche und Staat aufs Neue

In der neuesten Ausgabe von “Der Spiegel“ wird in einer bizarren und oft kaum verständlichen Weise – weil meist aus dem Zusammenhang gerissen – anhand des Kopftuchurteils mit dem Islam und den islamischen Verbänden in Deutschland „abgerechnet“. Dabei dachten sich Autoren „wenn schon, denn schon“ und schoben noch ein paar Dinge nach. Hier das überraschende Ergebnis. In den o.g. Leitartikel heißt es u.a.:

«Obwohl sie den säkularen Staat respektieren und das Grundgesetz achten, sind von dieser Überlegung auch die christlichen Kirchen betroffen. Die konsequente Trennung von Kirche und Staat, in Frankreich, dem Mutterland der Aufklärung, ebenso verwirklicht wie etwa in der Türkei, ist eigentlich ein Gebot der Vernunft - irgendwann werden ihm auch die Deutschen folgen müssen.

In Deutschland wurde diese Trennung, weil man von den Kirchen nach der Nazi-Katastrophe einen Beitrag zur Remoralisierung des Volkes erwartete, nur halbherzig realisiert. Katholische Nonnen dürfen an einzelnen staatlichen Schulen im Habit unterrichten, Kruzifixe werden nur dann aus Klassenräumen entfernt, wenn Eltern daran ausdrücklich Anstoß nehmen, der Staat treibt die Kirchensteuer ein, und Politiker schwören beim Amtseid häufig genug: „So wahr mir Gott helfe!“

Der Konstanzer Juraprofessor Heinrich Wilms zeigt den Widerspruch zwischen Staat und christlicher Kirche am Beispiel der Anerkennung als Körperschaft öffentlichen Rechts: Religionsgemeinschaften müssten sich zwar, um anerkannt zu werden, ans Grundgesetz halten. Aber: „Nimmt man diese Anforderung ernst, müsste einer Glaubensgemeinschaft, die grundrechtliche Rechtspositionen negiert, wie zum Beispiel die Gleichbehandlung von Männern und Frauen, der Körperschaftsstatus versagt werden.“
Das träfe nicht nur die frauenfeindlichen Islamisten, sondern auch die katholische Kirche, die den Frauen das Priesteramt versagt. Genau darauf können sich muslimische Interessenverbände berufen, wenn sie die Gleichbehandlung ihrer Glaubensgemeinschaften einklagen.
(...)
Der ehemalige Verfassungsrichter Ernst Gottfried Mahrenholz sagt, im ersten Moment habe er es für einen klugen Schachzug gehalten, das Thema an die Parlamente zu verweisen. Inzwischen aber zweifle er, „ob es nicht doch von Vorteil gewesen wäre, wenn das Gericht diese Frage ein für allemal bundeseinheitlich entschieden hätte“.»